Bei „Unser Star für Baku“, dem Vorentscheid für den Eurovision Song Contest, gibt es am Montag das Halbfinale. Doch der Show fehlen bisher die Glanzlichter.

Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Stuttgart - Große Sprüche klopfen, darin ist Stefan Raab spitze. „Entweder man ist Madonna und tritt beim Super Bowl auf, oder man gewinnt hier und fährt nach Baku“, protzte das Jurymitglied am vergangenen Donnerstag gleich zu Beginn des Viertelfinales von „Unser Star für Baku“ (USFB). Der Schuss ging mal wieder nach hinten los: Angesichts des großspurigen Vergleichs wirkte die Performance der fünf nach ebenso vielen Shows verbliebenen Baku-Aspiranten im Anschluss umso kläglicher. Ein echter „Star“, der beim Spektakel des Eurovision Song Contest (ESC) am 26. Mai in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku bestehen und das Publikum bewegen könnte, war in Shelly Phillips, Ornella de Santis, Yana Gercke und Roman Lob nicht auszumachen. Und die Berlinern Katja Petri sang zwar wie immer fabelhaft, zauberte aber leider nicht urplötzlich die ihr abgehenden Glamourqualitäten aus dem Hut und schied aus. Dass allerdings Roman Lob, der sich nie Fehler leistet, immer auf Platz eins landet, macht die Sache nicht spannender. Eigentlich könnten Raab und Konsorten ihre Arbeit jetzt schon einstellen.

 

Nein: Nervenkitzel, Glanzlichter, Wow-Effekt, all das hat der gemeinsam von ARD und Pro Sieben gestemmte diesjährige deutsche ESC-Vorentscheid nicht. Äußerst mau fallen die Einschaltquoten aus: Seit der Auftaktshow Mitte Januar, die noch 2,44 Millionen Zuschauer einschalteten, sank die Quote kontinuierlich; heute vor einer Woche sahen nur noch 1,13 Millionen zu, beim Viertelfinale waren es immerhin wieder 1,99 Millionen Zuschauer.

Schmeißfliege am Bildschirmrand

Woran liegt’s? Der große Schatten, den die Castingshow „The Voice of Germany“ warf, ist ja nun weg. Doch auch ohne die Sat-1-Konkurrenzveranstaltung wäre die Show nicht anders, als sie nun mal ist. Eine Show, die eine „Blitztabelle“ braucht, um überhaupt so etwas wie Spannung zu erzeugen. Tatsächlich bringt der permanent eingeblendete Televoting-Stand allenfalls in den letzten Minuten der Sendung die gewünschte Dynamik, die restliche Zeit sitzt die Tabellenleiste wie eine Schmeißfliege am Bildschirmrand und lenkt von den Interpreten ab. Lästig!

Die Juroren Stefan Raab, Alina Süggeler und ihr Präsident Thomas D machen ihre Sache ordentlich. Raab hält sich erstaunlich brav zurück, die Frida-Gold-Sängerin thront unbeweglich wie eine Sphinx in der Mitte, sagt aber meistens ganz zutreffende Dinge. Thomas D hat an dem Jurorenjob sichtlich Freude, er urteilt meist sicher und mit blumigen Worten, allerdings keimt, wenn er redet, immer der Verdacht auf, dass er seine Sätze vorher auswendig gelernt hat. Alle drei machen jedoch den Fehler, zu viel zu loben und bei schweren Fehlleistungen, wie sie etwa jüngst Yana Gercke ablieferte, zu viel Nachsicht zu zeigen. Vor allem versäumen sie es, den Kandidaten bei ihrer Songauswahl einen Weg aus dem immergleichen Brei aus Powerballaden und Schnulzenpop zu weisen.

Enttäuschende Kandidaten

Bleiben da noch die Kandidaten. Sie sind – eine Enttäuschung. Klar, sie können zum Teil technisch perfekt singen, sie performen ordentlich, sie sind hübsch und artig, aber leider auch ziemlich langweilig, wenn man von der schnutig-rotzigen, aber eben auch sehr gewollt coolen Art der Coburgerin Shelly Phillips mal absieht. Im unschuldig-schüchternen Charme von Roman Lob wird am ehesten jene Authentizität und Unverstelltheit ausgemacht, die für Lena Meyer-Landrut zum Schlüssel ihres Fräuleinwunder-Erfolgs wurde. Immerhin hatte der 21-Jährige aus Neustadt/Wied Profil bewiesen, indem er sein eigenes Lied „Day by Day“ präsentierte. An der Aufgabe, aus ihm eine Art „Wonder-Boy“ zu formen, von dem in Baku der Funken überspringen könnte, wird sich der als Musikproduzent und künstlerischer Betreuer des Gewinners agierende Thomas D. jedenfalls noch die Zähne ausbeißen.

Sendetermin Das Halbfinale wird um 20.15 Uhr auf Pro Sieben gezeigt. Das Finale strahlt die ARD am 16. Februar aus.