In zwei Stuttgarter Turnhallen sind bereits Flüchtlinge eingezogen, die dritte folgt in dieser Woche. Stuttgarts Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer freut sich darüber, dass mehr Geld von Land und Bund kommen wird.

Stuttgart - In den Turn- und Versammlungshallen in Obertürkheim und Hedelfingen sind in der vergangenen Woche Flüchtlinge eingezogen, die Sporthalle des Solitude-Gymnasiums in Weilimdorf wird am Mittwoch für 240 Asylbewerber geöffnet. „Wir können bei der Unterbringung der Flüchtlinge nicht mehr den Standard aufrechterhalten, den wir bisher hatten. Es ist ein großer Unterschied, ob eine Flüchtlingsfamilie ein Zimmer in einer Unterkunft erhält oder eine Koje in einer Turnhalle“, sagte Stuttgarts Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) bei der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses am Montag. Hinzu komme das Opfer, das den Schulen und Sportvereinen abverlangt werde. „Deshalb ist es das feste Bestreben der Stadt, die Hallen so früh wie möglich wieder freizumachen.“ Wann dies bei prognostizierten 1200 neu ankommenden Flüchtlingen im Monat der Fall sein wird, ließ sie aber offen.

 

Bei der erneuten Diskussion um die so genannte Tranche 5 bei der Flüchtlingsunterbringung signalisierten mit Ausnahme der AfD alle Fraktionen einvernehmlich ihre Zustimmung zum Stuttgarter Weg. Der CDU-Stadtrat Thomas Fuhrmann plädierte dafür, an der dezentralen Unterbringung festzuhalten. Er betonte, dass angesichts der hohen Zuzugszahlen auch vier Systembauten an einem Standort „noch absolut sozial verträglich“ seien. Wichtig sei der CDU, dass bei den Containerstandorten die langfristigen Planungen nicht beeinträchtigt würden. Clarissa Seitz von den Grünen und Maria Hackl von der SPD mahnten beim Standort Degerloch eine gründliche Prüfung der Alternativen an, die der Bezirksbeirat vorgeschlagen hat.

In Degerloch werden Alternativen geprüft

Bisher ist geplant, auf dem einstigen Tennenplatz des TSG Degerloch im Georgiiweg Container für 306 Menschen aufzustellen. „Der Bezirksbeirat hat sehr ernsthaft, sehr sachlich und einvernehmlich Alternativen unterbreitet, da sind wir in der Pflicht“, sagte Hackl. Tatsächlich sind zwei der vom Bezirksbeirat vorgeschlagenen Alternativen schon geprüft und vom Liegenschaftsamt als ungeeignet eingestuft worden. Container auf dem Rasenplatz der Bezirkssportanlage Waldau aufzustellen, würde aus Sicht des Liegenschaftsamtes den Sportbetrieb zu stark beeinträchtigen. Der zentrale Platz des Gazi-Stadions wiederum komme nicht in Frage, weil dort deutlich weniger Unterkunftsplätze geschaffen werden könnten und weil es zudem auch in der dritten Liga Risikospiele gebe. Die anderen vorgeschlagenen Alternativstandorte werden derzeit geprüft. Die Ergebnisse werden am Freitag dem Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen vorgelegt.

Christian Walter von SÖS-Linke-Plus hielt der Verwaltung grundsätzlich zugute, dass sie die neun Standorte für neue Systembauten und Container „wohlüberlegt und ausgewogen“ ausgesucht habe, kritisierte aber die Belegung von Turnhallen. „Für die Sportvereine ist das eine Katastrophe“, so Walter. Er regte an, das Eiermann-Areal ein weiteres Mal zu prüfen und über mobile Container am Cannstatter Wasen nachzudenken. Von einer Katastrophe wollte Sozialbürgermeisterin Fezer nicht sprechen, vielmehr von einem „Opfer“. Grundsätzlich wird in allen Turnhallen ein Wachdienst eingesetzt. Die soziale Betreuung übernehmen auch dort freie Träger.

Es wird gerechnet, wie viel Geld von Land und Bund kommt

Als gute Nachricht wertete Fezer die Ankündigung des Landes, den Kommunen künftig die Möglichkeit zu geben, die tatsächlichen Kosten abzurechnen. Auch der Bund hat den Kommunen mehr Geld zugesagt. Was dies für Stuttgart konkret heißt, konnte Fezer aber noch nicht sagen. „Die Zusagen machen uns zwar zuversichtlich, noch wird aber gerechnet.“ Wichtig war der Sozialbürgermeisterin festzustellen, dass es wegen der Flüchtlinge keineswegs zu Kürzungen in anderen sozialen Bereichen komme. „Wir werden und dürfen unsere bestehenden Angebote nicht vernachlässigen.“ Stuttgart habe ein gut ausgebautes soziales Netz, das so angepasst werden könne, dass es auch für Flüchtlinge tauge.

Während sich alle Fraktionen um Sachlichkeit bemühten, lieferte Heinrich Fiechtner, wie immer beim Thema Flüchtlinge, in erster Linie verbale Entgleisungen und grundlegende Statements kontra Zuwanderung. Der AfD-Stadtrat sprach von „Eindringlingen“ und „Invasion“, bis ihm die Sozialbürgermeisterin nach zweifacher Ermahnung das Wort entzog. Fiechtner verließ daraufhin den Sitzungssaal.