Angekündigt war die Schließung des Traditionsunternehmens für den Frühsommer. Nun erhielten die rund 120 Beschäftigten zum Jahresende die Kündigung. Das Gebäude war gemietet, seine Nachnutzung ist offen.

Korntal-Münchingen - Viele im Strohgäu werden sie noch kennen, die milchig-weißen Wannen und Boxen von Gewürzmüller, wenn nicht dann doch wenigstens den blauen geschwungenen Schriftzug des Firmennamens. Erst hatte das Unternehmen seinen Sitz in Ditzingen, in der Nähe von Trumpf, dann in Münchingen. Dort war am Jahresende Schluss. Der Konzern Frutarom hat den Standort dichtgemacht.

 

Damit ist auch Gewürzmüller Vergangenheit. Nun steht der Gebäudekomplex in der Siemensstraße in Münchingen nahezu leer. Der israelische Konzern hat die Produktion weitgehend nach Bayern verlagert. Den rund 120 Beschäftigten wurde gekündigt. Ein Teil der Mitarbeiter – die über 53-Jährigen – sind nun in einer Auffanggesellschaft. „Relativ gut untergekommen“ seien die anderen Mitarbeiter, sagt Jürgen Reisig von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Schließlich seien etliche Facharbeiter unter den Beschäftigten gewesen, erklärt der Gewerkschaftssekretär. Den Mitarbeitern war nicht angeboten worden, an einem anderen Standort des Konzerns zu arbeiten. Viele von ihnen hatten laut der Betriebsratsvorsitzenden Yvonne Obermaier drei, fast vier Jahrzehnte in dem Unternehmen gearbeitet.

Nachricht hat die Mitarbeiter unerwartet getroffen

Die Nachricht von der Aufgabe des Standorts hatte die 116 Mitarbeiter und die zehn Leiharbeiter vor rund einem Jahr wie ein Schlag getroffen. Damals hatte ihnen die Geschäftsleitung der Firma Frutarom-Gewürzmüller die Schließung mitgeteilt. Der israelische Konzern Frutarom, zu dem Gewürzmüller seit dem Jahr 2007 gehört, hatte erklärt, die Produktion ins bayerische Freilassing zu verlagern. Die Schließung war für den Frühsommer 2016 geplant. Nun dauerte es bis Jahresende. Dies sei „aus technischen Gründen notwendig“ gewesen, sagt eine Konzernsprecherin. Das meiste der Verlagerung sei jedoch im Spätsommer 2016 erledigt gewesen.

Das Unternehmen war an seinem Standort in der Münchinger Siemensstraße in Miete. Das Gebäude gehe nun zurück an den Inhaber, bestätigt eine Konzernsprecherin. Der Privateigentümer suche selbst nach Mietern, sagt der Wirtschaftsförderer der Stadt Korntal-Münchingen, Stefan Wolf. Die Stadt selbst habe ihmzufolge kein Interesse an der Immobilie. Offen ist auch, ob das Gebäude in Gänze oder Etage für Etage vermietet werde.

Mangelnde Expansionsmöglichkeiten?

Der Konzern hatte die Schließung in einer Pressemitteilung damit begründet, dass er dort nicht über Expansionsmöglichkeiten verfüge, um die „wachsenden Kundenanforderungen zu unterstützen“. Weil der Standort in Bayern den Vorstellungen des Unternehmens entspräche, habe man sich nicht bemüht, in Münchingen zu bleiben. Der Bürgermeister Joachim Wolf war über den Grund der Schließung allerdings erstaunt gewesen, schließlich hätte die Verwaltung keine Rückmeldung auf eine entsprechende Abfrage nach Expansionswünschen erhalten. Für den Gewerkschaftssekretär Jürgen Reisig indes war die Schließung nicht überraschend gekommen. „Wenn man mit großen Konzernen zu tun hat, sind die Beschäftigten ein Spielball“, sagte er vor einem Jahr. Ein weiterer Standort in Stuttgart-Feuerbach blieb von der Schließung unberührt.

Gewürzmüller stellte Gewürzmischungen und Marinaden vor allem für die Fleischproduktion her. Frutarom hatte Gewürzmüller 2007 vom damaligen Eigentümer Thomas Rendlen übernommen; ihm gehört nach wie vor das Betriebsgelände. Das Gebäude im Korntal-Münchinger Stadtteil war im Jahr 1978 erbaut worden, wurde 1992 erweitert und 2004 saniert. Der Eigentürmer zeigte sich bei Bekanntwerden der Nachricht zuversichtlich, einen Nachnutzer zu finden: In der Umgebung gebe es schließlich genug Firmen mit Platzproblemen.