Die Stuttgarter Firma Simpleshow erklärt komplizierte Dinge mit kurzen Filmen. Zu den Kunden gehören Unternehmen wie Daimler, Porsche und Microsoft.

Stuttgart - Wenn es kompliziert zu werden droht, kommt Tom ins Spiel. Mit einer flinken Handbewegung wird das Strichmännchen in eine Welt der Pfeile, Fragezeichen, Glühbirnen, Sprechblasen, Häuschen und Autos hineingeschubst. Dann geht es ans Eingemachte: Antikorruptionskodex, Abseitsregel, Finanzkrise, das Funktionsprinzip eines Feuerlöschers, der Chemie-Nobelpreis oder Volumenlizenzmodelle sind nur einige der Themen, die die Stuttgarter Simpleshow GmbH mittels Figuren wie Tom und einer sonoren Sprecherstimme in maximal vierminütigen Filmen aufbereitet.

 

„Wir können alles erklären“, sagt Detlev Weise, einer der drei Simpleshow-Geschäftsführer. „Unser Alleinstellungsmerkmal ist aber nicht, dass wir Filme produzieren, sondern dass wir Experten für Komplexitätsreduktion sind.“ Hunderte solcher Filme drehen die Stuttgarter mittlerweile pro Jahr für ihre Kunden. 2011 lag der Umsatz der vier Jahre alten Simpleshow GmbH laut Weise „im mittleren siebenstelligen Bereich“. Vor allem Unternehmen – von Daimler, BMW und Porsche über BASF, Bayer bis zu Microsoft, Ebay oder die Fifa – nutzen die Simpleshows, um ihren Mitarbeitern oder Kunden Verhaltensregeln, Produkte und Geschäftsprozesse zu erklären. „Leichtigkeit und Sympathie“ sind für Detlev Weise dabei ganz entscheidende Begriffe für den Erfolg der Stuttgarter Kreativagentur, die mittlerweile auch Büros in Berlin, London, New York und Singapur eröffnet hat. Echte Konkurrenten sieht der Geschäftsführer kaum. „Zum Teil werden wir allerdings ganz rüde kopiert“, sagt Weise, auch wenn die Marke „Simpleshow“ geschützt sei.

Die erste Simpleshow war eher „ein Zufallsprodukt“, wie Jens Schmelzle erklärt. Zusammen mit zwei Stuttgarter Studienfreunden drehte der 30-jährige Diplom-Ingenieur für audiovisuelle Medien im Jahr 2008 den ersten Erklärfilm über ein Softwaresystem. „Wir haben einfach ausprobiert und aus Budgetgründen vieles wie Farbe oder Animation weggelassen“, erinnert sich Schmelzle. Übrig blieben auf Papier gebannte Schwarz-Weiß-Figuren und Symbole sowie zwei Hände, die die Papierschnipsel passend zum Sprechertext im Hintergrund hin und her schieben. „Danach haben wir auf einmal viele weitere Anfragen bekommen und sind dadurch erst auf die Idee gekommen, das Verfahren zu standardisieren“, sagt Schmelzle.

Mittlerweile habe man Tausende Vorlagen für unterschiedlichste Symbole und Figuren im Archiv, etwa die Hälfte der sogenannten Scribbles werde aber bei jedem Film individuell von Zeichnern erstellt. Seine Simpleshows sieht Schmelzle nicht als Ersatz für Lehrer oder Bücher an. „Die vier Minuten sind entscheidend“, sagt er. Biete sich dadurch doch die Möglichkeit, in einem kurzen Zeitraum ein signifikantes Plus an Wissen zu vermitteln und durch die Form „Lust auf Lernen“ zu machen. „Wenn ein Unternehmen so einen Clip zum Beispiel zwei Wochen vor einer Mitarbeiterschulung ins Intranet stellt und sich die Schulung dadurch um eine halbe Stunde verkürzen lässt, kann das bei 50 000 Mitarbeitern weltweit schon ein großer Faktor sein“, erklärt der 30-Jährige.

Rund sechs Wochen sind erforderlich, um eine Simpleshow zu erstellen. Den Arbeitsprozess vergleicht Detlev Weise mit einem Eisberg, bei dem der Film nur die Spitze sei. „Der Workflow ist einfach, folgt aber komplexen Regeln“, sagt er. Viele Kunden würden dies unterschätzen. „360 Seiten Powerpoint-Präsentation in drei Tagen auf eine Simpleshow zu reduzieren ist unrealistisch.“ Daher stehe am Anfang jeder Simpleshow der intensive Kundendialog, bei dem das genaue Thema umrissen wird. „Unsere Distanz zum Thema tut da in der Regel gut“, sagt Weise. Aus den Kundengesprächen entstehe die Tonspur des Konzepts, das immer derselben Dramaturgie folge. „Wir bauen eine Problemstellung auf bis zu einem Aha-Punkt, und dann wird die Lösung vorgestellt.“ Rund 30 der 50 festen Simpleshow-Mitarbeiter sind als Autoren für die Textkonzepte und das Storyboarding verantwortlich. Ist das Thema zu komplex für vier Minuten, wird es auf mehrere Kapitel verteilt. Die reine Produktion einer Simpleshow – also filmen, vertonen und schneiden – benötigt etwa eine Woche.

Den fertigen Film erhalten die Kunden zum pauschalen Festpreis, aus dem Detlev Weise kein Geheimnis macht: „Eine Simpleshow kostet 8000 Euro.“ Weitere Sprachfassungen schlagen extra zu Buche. Bedarf dafür gibt es vor allem bei internationalen Kunden wie etwa Microsoft. Für den Softwareriesen haben die Stuttgarter bereits rund 250 Filme in 40 Sprachen produziert. „Die haben unsere Shows rund um die Welt getragen“, sagt Weise. Dabei gilt es teils auch kulturelle oder ethnische Unterschiede zu berücksichtigen, wie Jens Schmelzle betont. „Da haben wir zum Beispiel schnell gelernt, dass Tom als Name international besser funktioniert als Klaus.“