Justin Gatlin, der zweimal überführte Dopingsünder, entthront Usain Bolt. Schlimmer hätte es nicht kommen können, meint unser Sportredakteur Marko Schumacher.

London - Es sollte zum großen Höhepunkt der Leichtathletik-WM werden, das letzte 100-Meter-Finale von Usain Boltzu einem Desaster ist es geworden. Das Problem ist nicht, dass der alternde Superstar aus Jamaika zum Abschluss nur Dritter geworden ist. Seinem Legendenstatus wird das nichts anhaben, zumal er in der Niederlage Größe zeigte. Das Problem ist vielmehr der Mann, der stattdessen gewonnen hat: Justin Gatlin, der größte Bösewicht der Leichtathletik. Schlimmer hätte es nicht kommen können.

 

Gatlins Sieg lässt die einzigartige Karriere von Bolt auf unwürdige Weise zu Ende gehen und bedeutet eine mittlere Katastrophe für den gesamten Sport. Der US-Amerikaner ist ein zweimal überführter Dopingsünder. Beim ersten Mal flog er wegen Amphetaminen auf, beim zweiten Mal wegen Testosteron. Dass er überhaupt noch starten darf, ist ein Skandal, der zu den dunkelsten Kapiteln in der Geschichte des Leichtathletik-Weltverbands IAAF gehört.

Kampf um neue Glaubwürdigkeit

Die Weltmeisterschaft in London sollte nach den dopingverseuchten Olympischen Spielen 2012 an gleicher Stelle zu einem Wendepunkt im Kampf um neue Glaubwürdigkeit werden. Und jetzt hat ausgerechnet jener Mann die Lichtgestalt Bolt vom Thron gestürzt, der für alles Schlechte im Sport steht und den das Publikum längst zur unerwünschten Person erklärt hat. In London wurde Gatlin von den Zuschauern vor jedem Rennen gnadenlos ausgebuht. Noch gnadenloser war nun seine Rache, die bei der Weltmeisterschaft einen Scherbenhaufen angerichtet hat.

An diesem Sonntag werden in London erstmals nachträglich Medaillen in einer offiziellen Zeremonie an Sportler überreicht, deren Konkurrenten bei Nachtest aufgeflogen sind. Es soll ein sichtbares Zeichen für die neue Entschlossenheit des IAAF im Kampf gegen Doping sein. Zwischendurch bekommt dann noch einer Gold um den Hals gehängt, der gleich zweimal betrogen hat. Es ist zum Verzweifeln.