Das Bundespatentgericht verweigert den Markenschutz für ein Café mit Namen „Fucking Hell“ – obwohl der Betreiber bereits mit viel Erfolg ein Bier gleichen Namens verkauft. Die juristische Auseinandersetzung wird wohl weiter gehen.

Ludwigsburg - Wie Hans-Jörg Schaller auf den jüngsten Beschluss des Bundespatentgerichts in München reagiert hat? Vermutlich hat er geflucht und laut „Fucking Hell“ gerufen. Das bedeutet, konservativ übersetzt, so viel wie „Verdammter Mist“, und Grund zu schimpfen hat Schaller ja durchaus. Sein Versuch, sich den englischsprachigen Fluch als Markennamen für ein deutsches Café zu sichern, ist gescheitert. Der 27. Senat entschied, dass die Wortfolge „Fucking Hell“ gegen die guten Sitten verstößt und deshalb nicht als Marke eingetragen werden kann.

 

Damit ist die nächste Runde in der juristischen Auseindersetzungen um den umstrittenen Markennamen beendet. Vermutlich war es nicht die letzte. „Wir nehmen den Beschluss zur Kenntnis“, sagt Schaller. „Aber wundern muss man sich schon.“ Nicht nur für ihn ist die Rechtsprechung des Bundespatentgerichts in diesem Zusammenhang nur noch schwer nachvollziehbar.

Das Patentamt weigert sich, den Namen einzutragen

Zum Hintergrund: aus einer Bierlaune heraus war Schaller, der in Vaihingen an der Enz lebt, vor Jahren gemeinsam mit zwei Freunden zu dem Entschluss gelangt, ein neues Bier auf den Markt zu bringen. Einer aus dem Trio wohnte in der Nähe des österreichischen Orts Fucking, und so landete man recht schnell bei dem eingängigen Namen „Fucking Hell“. „Die eine Hälfte der Leute findet den Witz hinter dem Namen furchtbar, die andere lacht sich schlapp“, erzählt Schaller. Als Partner wurde eine Brauerei im Schwarzwald gewonnen, und obwohl es dann doch kein Helles wurde, sondern ein Bier nach Pilsener Brauart – der Name blieb und er sicherte dem Gebräu von Anfang an reichlich Aufmerksamkeit.

Das junge Unternehmen wuchs und begann, auch T-Shirts und ähnliche Utensilien mit dem Aufdruck „Fucking Hell“ zu verkaufen. Und irgendwann stellte sich die Frage nach dem Schutz des Markennamens, denn auf diesem baute die gesamte Firma auf. Das Deutsche Patent- und Markenamt fand den ungewöhnlichen Namen allerdings wenig lustig und verweigerte die Eintragung. Schaller legte Widerspruch ein, und siehe da: der 26. Senat des Bundespatentgerichts gab ihm Recht. Mit der Begründung, dass die Anmeldung der Marke nicht verweigert werden könne, nur weil es sich bei „Fucking Hell“ offenkundig um ein Schimpfwort handle. Denn eine „ästhetische Prüfung auf die Anforderungen des guten Geschmacks“ könne nicht Gegenstand des Verfahrens sein, hieß es da. Seither genießt Fucking-Hell-Bier in Deutschland also Markenschutz.

Doch Schaller und sein Team wollten mehr. Längst wird das Bier nicht mehr nur in Deutschland verkauft, sondern auch in Österreich, der Schweiz, in Holland und Schweden. „Gerade haben wir einen Container nach China verschifft“, berichtet Schaller. In Supermärkten wird man „Fucking Hell“ nicht finden, die erste Verkaufsstelle war ein Fotoladen in Vaihingen, inzwischen sind zahlreiche weitere hinzu gekommen, auch in einigen Restaurants wird das Bier aufgetischt. „Wir betreiben das absolut seriös und gehen Schritt für Schritt vor“, sagt Schaller, der neben dem Biergeschäft eine feste Arbeitsstelle hat, und zwar ausgerechnet in der Patentabteilung eines größeren Unternehmens. Er kennt sich also aus.

Die Firmengründer fordern Markenschutz für ein Café

Vor Monaten wurde Schaller mit einer weiteren Idee konfrontiert. Ein Bekannter machte den Vorschlag, ein Café mit dem Namen „Fucking Hell“ zu eröffnen. Schaller war angetan, meldete sich erneut beim Patentamt und beantragte, den Markenschutz für „Fucking Hell“ auf „Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen“ auszudehnen. Um zu verhindern, dass Trittbrettfahrer Cafés mit genau diesem Namen aufmachen und Schaller und Co. damit das Geschäft verderben.

Natürlich könnte Schaller auch ohne Markenschutz ein „Fucking-Hell-Café“ betreiben. „Aber das gibt nur Ärger mit potenziellen Konkurrenten.“

Das Patentamt stellte sich wie zu erwarten quer, und so musste sich das Bundespatentgericht in München erneut mit der Marke „Fucking Hell“ auseindersetzen. Diesmal aber war nicht 26. Senat zuständig, der einst dem Bier den Markenschutz gewährt hatte. Sondern der 27. Senat. Der gilt als deutlich strenger und sagte: nein.

„Fucking Hell“ als geschützter Name für ein Café – das geht nicht. Der Name sei geeignet, das Empfinden der Gäste „erheblich zu verletzen“, und dies gelte auch bei einer „normal toleranten und durchschnittlich sensiblen Sichtweise“. Schaller hatte unter anderem argumentiert, dass der Begriff „Fucking“ zwischenzeitlich auch von US-Präsidenten, Sängern oder Schriftstellern verwendet worden sei. Der Senat hielt es jedoch für unerheblich, dass sich eine Verwendung des Wortes „Fucking“ oder ähnlicher Begriffe in zahlreichen literarischen oder filmischen Zusammenhängen feststellen lasse. „Fucking Hell“ bleibe trotzdem ein derber Fluch.

Die bisherige Rechtsprechung ist uneinheitlich und verwirrend

Das Gericht hat ausdrücklich eine Rechtsbeschwerde zugelassen. Diese sei, heißt es in dem Beschluss, zur „Rechtsfortbildung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung bei der Beurteilung von derben Schimpfworten erforderlich“.

Mit anderen Worten: die Münchner Richter fordern Schaller und sein Team geradezu auf, vor den Bundesgerichtshof (BGH) zu ziehen, damit dieser endlich eine Grundsatzentscheidung treffen kann. Doch Schaller verzichtet. „Ich bin zwar felsenfest davon überzeugt, dass wir beim BGH Erfolg hätten“, sagt der Vaihinger. „Aber der Aufwand wäre für uns sehr hoch und die Kosten wären unkalkulierbar, und wir sind noch eine ziemlich kleine Firma.“ Zumal sich die Pläne für das Café kürzlich sowieso zerschlagen haben, der potenzielle Betreiber habe sich zurückgezogen, erzählt Schaller.

Abgehakt ist das Thema damit nicht. „Wenn sich der nächste Interessent für ein Fucking-Hell-Café bei uns meldet, werde ich sofort versuchen, Markenschutz zu bekommen“, sagt Schaller. Aber nicht über den Bundesgerichtshof, sondern auf dem billigeren Weg. Er werde, so Schaller, einfach einen neuen Antrag beim Patentamt stellen. Dann gehe die Sache zum dritten Mal zum Bundespatentgericht in München. „Und meine Chancen stehen fünfzig zu fünfzig, dass sich nicht der 27., sondern wieder der 26. Senat mit der Angelegenheit befasst – der dann zu unseren Gunsten entscheidet.“