Das Stromberggymnasium hat die einzige gymnasiale Vorbereitungsklasse im Landkreis. Noch wird sie von zehn Schülern besucht. Durch den Zuzug von Flüchtlingen könnten es bald aber mehr werden.

Vaihingen/Enz - Im Grunde fing alles im Januar an: Vor der Bürotür von Katja Kranich, der Schulleiterin des Stromberggymnasiums in Vaihingen/Enz, stand eine syrische Mutter, die einen Platz an einem Gymnasium für ihren Sohn Mazen suchte. Doch Kranich konnte ihr nicht helfen: ohne Deutschkenntnisse kein Unterricht. „Wir waren alle strukturell überfordert damals“, erzählt sie heute. Sprachförderklassen speziell für Flüchtlinge, aber auch für Kinder aus anderen EU-Ländern, die kaum oder kein Deutsch können, gab es bis dahin vor allem an Grundschulen.

 

Nun hat mit dem Stromberggymnasium erstmals ein Gymnasium im Landkreis eine Vorbereitungsklasse (VKL) vom Regierungspräsidium bewilligt bekommen. „Nur wenige haben dieses Privileg“, sagt Kranich und zählt die anderen Standorte im Regierungsbezirk Stuttgart auf: Heilbronn, Esslingen, Bad Mergentheim und Heubach. In Vaihingen/Enz lernen nun zehn Schüler jeweils 20 Stunden pro Woche Deutsch. Das Ziel ist es, die Schüler fit zu machen für den regulären Unterricht. So wie Hani Allan. Der 16-jährige Palästinenser aus Damaskus nimmt bereits am Mathe-Unterricht teil. Bei anderen Fächern geht er in die VKL. „Der Kurs hier bringt mir sehr viel“, sagt er.

Ein Zeichen für Bildungsgerechtigkeit

Für Kranich ist die VKL auch ein Zeichen für Bildungsgerechtigkeit. „Es geht darum, an die alte Bildungsbiografie anknüpfen zu können“, sagt sie. Am wichtigsten sei für die Schüler jedoch, dass sie über die Schule neue Freunde finden. „Das ist einer der wichtigsten Schritte für die Integration.“ Vom Kultusministerium gab es für die Einrichtung der VKL eine volle zusätzliche Planstelle, eine Integrationslehrkraft, wie die Stelle genannt wird.

Diesen Job hat Lisa Veh bekommen. Die Deutsch- und Französisch-Lehrerin hat während ihres Referendariats eine Zusatzausbildung für Deutsch als Fremdsprache gemacht. Sie weiß: „Das hier ist pädagogisches Neuland.“ Denn nicht nur seien Herkunft und Alter der Schüler (zwischen zehn und 17 Jahren) viel heterogener als in einer Regelklasse. In der VKL gebe es auch viel Fluktuation. Im laufenden Schuljahr kämen neue Schüler hinzu, weil beispielsweise Flüchtlinge in eine neue Unterkunft in Vaihingen zögen. Ende des Jahres soll eine Unterkunft für 50 Flüchtlinge bezugsfertig sein.

Nicht nur Flüchtlinge sind in der Klasse

Die Schüler sind nicht nur Flüchtlinge. Auch Kinder aus anderen EU-Ländern sind Teil der VKL. Teilweise reisen sie aus Besigheim oder Bietigheim-Bissingen an. Dass die Schule damit sehr begehrt sein wird bei Migranten und Flüchtlingen, ist Katja Kranich klar: „Wir hoffen, dass wir mit unserem Beispiel Schule machen“, sagt sie. Denn die VKL am Stromberggymnasium könne nicht die einzige gymnasiale im Landkreis bleiben. „Das werden wir nicht leisten können“, sagt der Oberbürgermeister Gerd Maisch. Aktuell lebten 150 Flüchtlinge in Vaihingen. Bis zum Ende des Jahres rechnet er mit 300.

Nach Angaben des Regierungspräsidiums gibt es im Kreis Ludwigsburg in diesem Jahr 96 Vorbereitungsklassen. Mehr als zwei Drittel davon sind an Grund- und Gemeinschaftsschulen. An den beruflichen Schulen gibt es acht solcher Förderklassen, drei davon an der Oscar-Walcker-Schule in Ludwigsburg. Dort heißen sie allerdings Vabo – Vorbereitung auf Arbeit und Beruf ohne deutsche Sprachkenntnisse. „Wir sind bereits randvoll“, sagt der Schulleiter Andreas Moser. Teilweise stünden Flüchtlinge bereits auf der Warteliste. Eine weitere Klasse kann Moser nicht einrichten: „Dazu fehlen mir sowohl die Räume als auch die Lehrer“, sagt er. Er schätzt, dass es schwierig werde, Pädagogen mit der Qualifizierung Deutsch als Fremdsprache zu finden. „Der Markt ist recht leer gefegt.“

Das Kultusministerium rechnet damit, dass in diesem Schuljahr knapp 1800 Förderklassen im Land eingerichtet werden. Insgesamt wurden für die Förderklassen für 37 Millionen Euro 562 neue Lehrerstellen geschaffen.