Das Varieté geht auf Tour: Bis das neue Theater auf dem Pragsattel eingeweiht wird, erobern Artisten die Stadt an anderen Orten. Premiere in der neuen Spielstätte soll am 7. November sein.

Lokales: Matthias Ring (mri)

Stuttgart - Der Countdown läuft: Am 17. Mai fällt der letzte Vorhang des Friedrichsbau Varietés in der Rotunde der L-Bank, am 7. November – darauf haben sich die Macher jetzt festgelegt – wird der neue Holzbau auf dem Pragsattel eröffnet. „Im Moment sind wir im Zeitplan“, sagt die Geschäftsführerin Gabriele Frenzel und freut sich über die Unterstützung von der Stadtverwaltung: „Die Baugenehmigung war in fünf Wochen durch.“

 

Kein Wunder, zählen zu den obersten Förderern des Projekts doch der Kämmerer Michael Föll und die Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann. Eine Verschleppung des Neubeginns wäre kontraproduktiv, da sich die Stadt Stuttgart mit einem Investitionszuschuss in Höhe von 450 000 Euro beteiligt, für einen vom Varieté aufgenommenen Kredit von einer Million Euro bürgt und das Grundstück neben dem Theaterhaus für fünf Jahre kostenfrei überlässt. Derzeit ist dort noch nicht viel von den Arbeiten zu sehen. Der Zeitplan sieht so aus: Die Betonfläche muss abgetragen werden, damit Kanäle für die Infrastruktur gelegt werden können. Anschließend wird die vorgefertigte Holzkonstruktion vor Ort zusammengebaut, erst dann wird eine neue Bodenplatte gegossen, ehe man sich schließlich um die Inneneinrichtung kümmern kann.

„Ein Zeichen der Wertschätzung fürs Publikum“

Aber bis zum 7. November müssen Varieté-Freunde nicht warten, denn in der Zwischenzeit heißt es „Friedrichsbau Varieté on Tour“ und wird an drei anderen Orten Präsenz gezeigt. „Dies ist auch eine Wertschätzung unseres Publikums, indem wir sagen: wir kommen zu euch“, so der künstlerische Leiter Ralph Sun. Für ihn sei es eine schöne Herausforderung, „Architektur mit Leben zu füllen“ und auf deren Gegebenheiten einzugehen. Er spricht von „sich öffnen und Neues wagen“.

Die erste Station wird für knapp eine Woche ein recht exklusiver Rahmen sein. Es ist der Spiegelsaal des Kavalierbaus von Schloss Solitude, der von Jörg Mink bewirtet wird. Für rund hundert Gäste bespielen zehn „Artistokraten“ in historischen Kostümen den geschichtsträchtigen Ort. Mink erinnert daran, dass zum einen dieses Jahr die Grundsteinlegung von Schloss Solitude vor 250 Jahren gefeiert wird und zum anderen der Bauherr Herzog Carl Eugen berühmt für seine rauschenden Feste war. Deswegen kredenzt Mink zur „Sommerfrische“-Show ein „schwäbisch-italienisches Menü“ und greift Ralph Sun in seiner Show Elemente barocken Vergnügens auf, die bei großen Festen auch zwischen den Gängen geboten wurden.

Trennung zwischen Bühne und Publikum wird aufgehoben

Ein anderes Konzept ist für die Interims-Spielstätte erdacht, die mit sechs Wochen am längsten als Show-Arena dient. In der Sparda-Welt am Hauptbahnhof wird es für bis zu 200 Zuschauer eine große „Vision“ geben, in der zwar ebenso die Trennung zwischen Bühne und Publikum aufgehoben, aber mit Videoboards und Lichteffekten auch die Technik eine tragende Rolle spielen wird. Die Varieté-Macher freuen sich über die „erstklassige Ausstattung“ des Multifunktionsraums der Sparda-Bank – und deren Marketingleiter Andreas Küchle ist „gespannt, was aus unserer Sparda-Welt gezaubert wird“.

Das kürzeste Gastspiel findet in direkter Nachbarschaft der künftigen Spielstätte statt. An zwei Tagen im August präsentiert das Friedrichsbau Varieté wieder die Absolventenshow der Staatlichen Artistenschule Berlin. „Hier greifen wir das Thema der Nachwuchsförderung auf, die wir schon die ganzen letzten Jahre betrieben haben und die wir in Zukunft intensivieren wollen“, sagt der neue Varieté-Geschäftsführer Timo Steinhauer – zumal die Verpflichtung dazu als inzwischen gemeinnützige GmbH umso so größer ist.

Statue von Häberle und Pfleiderer zieht mit um

Mit der L-Bank, die für Ende 2013 nach fast zwanzig Jahren die finanzielle Förderung eingestellt und bald darauf die mietfreie Spielstätte gekündigt hatte, habe man inzwischen wieder ein gutes Verhältnis. Gabriele Frenzel berichtet, dass die Rotunde bis zur Eröffnung des neuen Theaters als Lager genutzt werden könne und auch die Vorverkaufsstelle bis Oktober bestehen bleibe. Von besonderer symbolischer Bedeutung ist, dass die Statue von Häberle und Pfleiderer weiterhin zur Verfügung steht und die beiden Urgesteine des ersten Friedrichsbaus künftig also die Gäste am Pragsattel in Empfang nehmen werden.