Täglich überqueren die 420 Jahre alte Brücke über den Canal Grand Hunderttausende. Jetzt muss sie renoviert werden. Der sozial engagierte Milliardär Renzo Rosso bezahlt Venedig die Baukosten.

Stuttgart - Sie ist gut 420 Jahre alt, weltberühmt und in Milliarden von Erinnerungsfotos verewigt. Aber aus bestem Stein war sie schon bei ihrer Erbauung nicht, und jetzt braucht sie eine Generalüberholung: In Venedig hat diese Woche die Restaurierung der Rialto-Brücke begonnen. Überquert Tag für Tag von Hunderttausenden, ist sie immer noch eine Hauptverbindung über den Canal Grande.

 

Renzo Rosso ist mit Edel-Jeans reich geworden

Damit sie nicht lange gesperrt bleibt, arbeiten vier Mannschaften von nun an täglich 24 Stunden; in anderthalb Jahren soll alles fertig sein. Die Restaurierung selbst ist eine Besonderheit in Italien, den bezahlt werden die etwa fünf Millionen Euro von einem Privatunternehmer. Renzo Rosso (59) stellt Edelmode für den Weltmarkt her: Jeans der Marke „Diesel“ in erster Linie, aber auch „Viktor&Rolf“, „Dsquared“ und etliche andere Marken. Rosso ist mit einem auf 3,3 Milliarden Dollar geschätzten Vermögen laut „Forbes“ auf Platz elf der reichsten Italiener noch vor den Benettons. Er gilt als Modell für soziale Verantwortung, nicht nur vor seinen siebentausend Beschäftigten, sondern auch gegenüber seinen Zulieferern in Venetien und gegenüber Baumwollbauern in Afrika, denen er nach eigenen Angaben gerechte Preise zahlt und mit einer schulische und andere Entwicklungsprojekte angedeihen lässt.

Der Milliardär kämpft gegen den Filz in Italien

Rosso stammt aus einer Bauernfamilie in Brugine, einem Dorf zwischen Padua und Venedig. „Ich bin auf dem Acker groß geworden; den Boden habe ich bis heute im Blut.“ Rosso hat sein Imperium aus dem Nichts aufgebaut und gehört heute zu denjenigen, die – wie Regierungschef Matteo Renzi – voller Ungeduld das „alte“ Italien überwinden wollen. Er setze auf die Kreativität der Jugend, sagt Rosso, „nicht auf diese reich gewordenen Alten mit ihrem vollen Bauch, die nur das Bestehende verwalten und mit Korruption und Vetternwirtschaft die Interessen einiger weniger vertreten, oder gar nur ihre eigenen.“ Diese Sätze, zur Baustelleneröffnung just unterhalb der Rialto-Brücke gesprochen, fallen auf in der Stadt Venedig, die derzeit unter kommissarischer Verwaltung steht, weil Bestechungsanklagen die alte Politikergarde hinweggefegt haben.

Sie fallen umso mehr auf, als die Finanzpolizei am selben Tag Venedig als ein Zentrum milliardenschwerer Steuerhinterziehung brandmarkte. „Ist doch gut so“, sagt Rosso: „Je mehr Skandale ans Tageslicht kommen, umso glücklicher bin ich; nur so schaffen wir es, die alte Daseinsweise zu überwinden, von der Italien voll ist.“

Von Werbung am Baugerüst will Rosso nichts wissen

Von seinem Recht als Sponsor, die Rialto-Brücke zu maximal einem Drittel mit Firmenwerbung einzukleiden, hat Rosso bisher keinen Gebrauch gemacht. Er verhängt die Gerüste lieber mit Transparenten, die auf eine aktuelle, von ihm finanzierte Kunstausstellung verweisen. Rosso hat sich nicht ganz uneigennützig die berühmteste aller italienischen Brücken ausgesucht. Auch die anderen beiden Großsponsoren dieser Tage – Tod’s und Fendi – spiegeln sich ja in weltbekannten Bauwerken: im Kolosseum und im Trevi-Brunnen.

Immerhin: Von der Idee einer privat gesponsorten Restaurierung bis zu deren Verwirklichung sind nur sieben Jahre vergangen. Die Dogen des 16. Jahrhunderts hatten von Baubeschluss bis Baubeginn ganze 64 Jahre gebraucht.