Im Streit um die Verdrängung regulärer Jobs und der Reportage über das Daimler-Werk in Untertürkheim geht Südwestmetall auf Konfrontationskurs. Die Unternehmen warnen vor einer gesetzlichen Einschränkung der bisherigen Praxis.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Die Auseinandersetzung über Werkverträge in der Metall- und Elektroindustrie gerät zu einem zentralen Konfliktpunkt zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern. Der Verband Südwestmetall widerspricht der Feststellung der IG Metall, wonach diese ungesicherte Beschäftigungsform immer öfter missbräuchlich eingesetzt würde. „Es gibt keine signifikante Zunahme von Werkverträgen und insbesondere ihres Missbrauchs“, sagte Hauptgeschäftsführer Peer-Michael Dick mit Blick auf die vergangenen knapp zwei Jahre. Für eine derartige Behauptung der Gewerkschaft gebe es keine Belege.

 

Die IG Metall will die von ihr festgestellte Ausweitung der Werkverträge vom Herbst an kampagnenartig bekämpfen. Auch die Politik widmet sich mittlerweile dem Thema. Mitte der Woche ging es im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales um Gesetzentwürfe der Opposition zur Regulierung des umstrittenen Instruments. Dick verwahrte sich gegen das Ansinnen, die Rechtslage auf der Basis ungesicherter Daten zu ändern. „Wenn es mehr Missbrauch gibt, belegt durch was auch immer, müssen wir darüber reden“, sagte er. „Unserer Erfahrung nach ist das nicht so.“

Kein statistisch belastbares Datenmaterial vorhanden

Allerdings muss Südwestmetall eingestehen, keinen Überblick über die tatsächlichen Werkvertragszahlen zu haben. Es gebe kein statistisch belastbares Datenmaterial; dies sei aber nicht weiter verwunderlich, heißt es. Die Firmen würden die Kosten für Werkverträge nicht als Personal-, sondern als Sachkosten verbuchen, was ein normaler Vorgang sei. Die Unternehmen wüssten zwar genau, wie viele Fremdvertragspartner sie hätten, so Dick, aber wie viele Beschäftigte bei den Werkvertragsnehmern tätig seien, bleibe offen.

Auch der Dachverband Gesamtmetall geht auf die Barrikaden. „Die Gesetzentwürfe vergrößern nur die Macht der Betriebsräte, aber nicht die Gerechtigkeit am Arbeitsmarkt“, rügte Hauptgeschäftsführer Oliver Zander. Eine Ausweitung der Mitbestimmung wäre ein schwerer Eingriff in die unternehmerische Freiheit. Die Entscheidung, was ein Unternehmen selbst mache oder zukaufe, sei elementarer Kern des unternehmerischen Handelns. „Eine solche Entmachtung des Eigentümers stünde im Widerspruch zu den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft und würde gegen das Grundgesetz verstoßen.“ Dick ergänzte: „Echten Regelungsbedarf sehe ich gar nicht.“

Die Betriebsräte hätten jederzeit die Rechtsmittel, Missbrauch festzustellen und zu unterbinden. Doch zeigte sich der Hauptgeschäftsführer mit einem in Fachkreisen diskutierten Vorschlag des Münsteraner Rechtsprofessors Peter Schüren einverstanden, der eine Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes anregt. Danach sollen Anwender von Schein-Werkverträgen nicht mehr von einer vorsorglich vorgehaltenen Arbeitnehmerüberlassungs-Erlaubnis profitieren. „Damit können wir leben“, sagte Dick.

Verdeckter Einsatz in Untertürkheim

Forciert wurde der Streit über die Werkverträge durch die Dokumentation „Hungerlohn am Fließband“ vom 13. Mai in der ARD. Sie schildert den Einsatz eines SWR-Reporters im Mercedes-Werk Untertürkheim. Er hatte sich von einem Dienstleister der Zeitarbeitsbranche anstellen lassen, der mit dem Autobauer Werkverträge abschließt und den Reporter an die Spedition Preymesser verlieh. Dennoch verrichtete dieser angeblich – für weniger als die Hälfte des Lohns – am Band teilweise die gleichen Tätigkeiten wie Daimler-Angestellte.

Das Unternehmen konterte: Der Reporter habe nicht, wie behauptet, Weisungen durch Daimler-Mitarbeiter erhalten. Wäre es doch so gewesen, was der SWR bekräftigt, würde dies auf illegale Arbeitnehmerüberlassung hindeuten. Zudem würde die Abgrenzung von den Tätigkeiten der Drittfirmen den arbeitsrechtlichen Vorgaben entsprechend eingehalten, so das Unternehmen.

Daimler müsse Wettbewerbsfähigkeit verbessern

Personalchef Wilfried Porth rechtfertigte später noch die generelle Auslagerung an Fremdfirmen. „Daimler kann es sich im internationalen Wettbewerb nicht leisten, in der gesamten Wertschöpfungskette Metalltarife zu zahlen“, sagte er. Der Autobauer müsse seine Wettbewerbsfähigkeit verbessern und mehr Dienstleistungen an externe Anbieter abgeben.

Dass die von der IG Metall geforderte klare Unterscheidung zwischen Werkverträgen und der Zeitarbeit – also der Arbeitnehmerüberlassung – schwerfällt, verhehlt auch Südwestmetall nicht. In Hunderten von Schulungen allein in der Region Stuttgart würden die Mitgliedsfirmen auf eine saubere Trennung hingewiesen, um Missbrauch zu vermeiden und den eigenen Ruf nicht beschädigen, berichtet der Verband.

Werkverträge gibt es in vielfältiger Form

Outsourcing Werkverträge werden meist direkt zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer geschlossen – etwa mit einem Handwerker oder mit einem Kantinenbetreiber, der die Mitarbeiter auf eigenes Risiko bekocht. Weitere Beispiele sind die Gebäudereinigung oder der Werkschutz.

Weisungsrecht Wichtig ist: Beauftragt der Werkvertragsgeber eine Fremdfirma, hat nur diese das Weisungsrecht gegenüber dem eingesetzten Beschäftigten. Der Auftraggeber darf ihm keine Weisungen erteilen. Sonst handelte es sich um eine illegale Arbeitnehmerüberlassung.

Untergliederung Das Instrument des Dienst- und Werkvertrags ermöglicht auch Dreieckskombinationen. Dann erteilt ein Unternehmen einem Dienstleister einen Auftrag, der entweder eigene Arbeitnehmer oder Subunternehmer oder Zeitarbeiter dafür einsetzen darf.