Korrespondenten: Stefan Brändle (brä)

In Paris stößt das Vorhaben auf bedeutend mehr Kritik als der Fahrradverleih Velib. Taxifahrer fürchten um Kunden, und Gewerbetreibende monieren, die Bluecars zerstörten massenweise normale Parkplätze. Damit haben sie nicht unrecht: Wegen der Brand- oder Explosionsgefahr der Batterien und der Zapfsäulen-Installation verdrängt ein einziger Autolib-Standplatz ein halbes Dutzend normale Wagen. Bolloré behauptet zwar, seine Batterien aus Lithium-MP erhitzten sich im Unterschied zu den herkömmlichen Lithium-Ionen-Energiegträgern überhaupt nicht. Das Kontrollorgan Ineris hat aber trotzdem Brandschutzwände sowie Wagenabstände von 15 Metern vorgeschrieben. "Warum nicht gleich einen Feuerwehrmann vor jedes Autolib stellen?", frotzelte das Satireblatt Canard Enchaäné.

 

"Autolib wird alle Städte der Welt verändern"

Den Pariser Grünen ist es nur recht, dass die Autolibs viele Parkplätze für gewöhnliche Spritfresser blockieren. Trotzdem meinen sie, mit dem System werde den Bürgern "ökologisch Sand in die Augen gestreut". Mit einem Umsteigeeffekt sei kaum zu rechnen; im Gegenteil dürften eher Metro- oder Busbenutzer ein Autolib mieten, wenn sie sperrige Waren transportieren müssten. Angesprochen seien jene 60 Prozent der Pariser, die kein eigenes Auto besitzen. Damit werde sich der Verkehr in den verstopften Quartierstraßen und Boulevards noch mehr verdichten. Die Grünen hätten deshalb eher ein konsequentes Car-Sharing bevorzugt.

Die konservative Regierung Frankreichs setzt aber landesweit massiv auf Elektrowagen und subventioniert deshalb auch das Autolib-Unternehmen. "An dem Tag, an dem der Erfolg bestätigt ist, wird Autolib alle Städte der Welt verändern", meint der Sozialist Delanoë. Vorerst müssen aber die Pariser ihr Verhalten anpassen. Ein Testfahrer zeigte sich zwar begeistert vom "Gleitgefühl" in dem geräuschlosen Bluecar. Die Hupe sei aber viel zu leise, fügte er an: "Als ein Mann vor mir auf der Fahrbahn ging, musste ich den Kopf aus dem Fenster strecken und laut rufen, damit er zur Seite ging."