Die mögliche Nachrüstung alter Diesel ist immer noch Streitthema in Stuttgart. Verkehrsminister Winfried Hermann liebäugelt weiter mit Fahrverboten. Die SPD und FDP im Landtag schießen scharf.

Stuttgart - Trotz möglicher Nachrüstungen bei Diesel-Fahrzeugen sind für Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) Fahrverbote nicht vom Tisch. „Der Zeitrahmen für eine Umrüstung ist für das Stuttgarter Neckartor dann vermutlich zu kurz“, sagte Hermann der Branchen- und Wirtschaftszeitung „Automobilwoche“. „Wir haben einen gerichtlichen Vergleich abgeschlossen und müssen zum 1. Januar 2018 wirksame Konzepte zur Reduzierung der Schadstoff-Belastung nachweisen.“

 

Durch zeitnahe Nachrüstungen könnte laut Hermann aber zumindest die Zahl der betroffenen Fahrzeuge reduziert und insbesondere die der Euro-5-Norm für nachfolgende Regelungen wie die Blaue Plakette ertüchtigt werden. „Das Ziel muss sein, dass sich der Bund und die großen Autohersteller nach der von uns angestoßenen Initiative bald auf ein einheitliches Konzept zur Nachrüstung einigen“, sagte Hermann.

SPD-Fraktionschef Andreas Stoch warf den Grünen in der Landesregierung vor, ein volksverdummendes Doppelspiel aufzuführen. „Während sich Ministerpräsident Kretschmann medienwirksam als Freund des Diesels als unverzichtbarer Übergangstechnologie inszeniert, will Hermann Fahrverbote aus Prinzip durchdrücken und stempelt dabei den Diesel zum willkommenen Sündenbock.“ Die Landesregierung habe sich bei dem Vergleich mit den Klägern am Neckartor ohne Not in eine Sackgasse manövriert, meint Stoch. Eine Verringerung des Schadstoffausstoßes, die man nun über eine Diesel-Nachrüstung erreichen könnte, habe dort 2016 überhaupt keine Rolle gespielt.

Umweltverband fordert strikte Fahrverbote

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte: „Minister Hermanns Beharren darauf, Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge seien nahezu unabwendbar, ist bezeichnend für seine konzessionslose Politik im Umgang mit Bürgerinnen und Bürgern, die nicht der „Grünen-Norm“ gerecht werden.“ Es sei Hermann augenscheinlich egal, dass heute all jene bestraft würden, denen noch wenige Jahren zuvor empfohlen worden sei, ein Diesel-Fahrzeug zu kaufen.

Am 2. August soll erstmals ein „Nationales Forum Diesel“ tagen. Hintergrund sind zu hohe Stickoxid-Messwerte in vielen deutschen Städten und die drohende Fahrverboten für Dieselautos. Stickoxide schaden der Gesundheit. In Baden-Württemberg und Bayern laufen Gespräche zwischen Landesregierungen und Autobranche. Unter anderem in München, Stuttgart und Hamburg könnte es Fahrverbote geben, wenn die EU-Grenzwerte für Stickoxid weiter gerissen werden. Die EU hat deswegen schon ein Verfahren gegen Deutschland eingeleitet.

Am Freitag hatte der Umweltverband BUND strikte Fahrverbote gefordert. Viele ältere Dieselautos müssten nicht nur an Tagen mit hoher Luftbelastung aus der Stadt gehalten werden, sondern ganzjährig, heißt es in einer Stellungnahme des Umweltverbands zum umstrittenen neuen Luftreinhalteplan für Baden-Württembergs Landeshauptstadt.