Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Philip Breedlove, der scheidende Nato-Oberbefehlshaber und Chef der US-Streitkräfte in Europa, hat in dieser Woche bei einer Anhörung im US-Kongress nicht nur Russland erneut als existenzielle Bedrohung für die USA bezeichnet, sondern auch ein finsteres Bild von der Sicherheitslage Europas skizziert. Rotierende Truppen stufte er generell als „zweitbeste Lösung“ nach festen Stationierungen ein. Er forderte einen Paradigmenwechsel: Heute müsse das Eucom der US-Streitkräfte wieder verstärkt mit Aufklärungs- und Geheimdienstinformationen versorgt werden. „Es ist wirklich wichtig, dass wir unsere Fähigkeit wiedererlangen, zu sehen, was passiert und das Gesehene zu interpretieren. Wir brauchen das, damit wir früh verlegen können“, so der General.

 

SPD-Experte Arnold sieht Nachholbedarf

Was „früh verlegen können“ im Extremfall heißen könnte, hat die renommierte US-Denkfabrik Rand Corporation vor Kurzem in einem strategischen Planspiel analysiert: Demnach könnte Russland die Nato-Mitglieder Estland, Lettland und Litauen binnen 60 Stunden besetzen. Derzeit, so das Fazit, könnte die Nato das nicht verhindern. Das Verteidigungsministerium in Berlin geizt mit Zahlen und Details zur Verlegefähigkeit. Betont wird, dass genügend eigene und gemietete Schwertransporter zur Verfügung stehen, dass Panzer-Laderampen an einigen Standorten bereits gewartet oder für die zukünftige Nutzung instandgesetzt werden, und dass die Bundeswehr mit der Beteiligung an der Nato-Speerspitze 2015 „die Verlegefähigkeit sowohl der Truppenteile als auch des zu transportierenden Geräts und Materials bereits unter Beweis gestellt“ habe. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass das im Ernstfall – ohne langfristige Terminplanung und monatelange Vorwarnzeit – auch klappen würde. Übungen zeigten lediglich, ob die vorhandenen Verfahren wie geplant funktionieren, erklärte ein Sprecher auf Nachfrage. „Damit ist eine Aussagekraft hinsichtlich angemessen schnellen Handelns selbstverständlich so nicht gegeben.“

Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold ist überzeugt: „Die Verlegefähigkeit gehört ganz sicher zu den Bereichen, die wir bei der Bundeswehr stärken müssen.“