Der Gyrosspieß im „Fritty Twister“ ist jetzt so weit. Der Mann in Türkis schneidet die Folie vom Fleisch. Kundschaft kommt. Der Fleischsachbearbeiter bearbeitet einen der dünneren Gyrosspieße mit einem elektrischen Epiliergerät, bis das Fleisch in Streifen vom großen Klumpen wegspritzt. Erinnert an Nassrasur. Zur Fleischfontäne am Grill liefert inzwischen Jimi Hendrix die Hintergrundmusik. „Hey Joe, wir wollen zahlen“, der Hirschbuckel, dieses noch nicht blank polierte Stück Stuttgart, muss weiter erkundet werden.

 

Wie Las Vegas nur ohne Chi-chi und Bling-bling

Weg vom Tresen, neue Thesen: der Hirschbuckel ist das Las Vegas Stuttgarts, nur ohne Chichi und Bling-Bling. Rechts neben der ausgezeichneten Gastronomie wartet das Tivoli Spielcenter an diesem trüben Montagabend auf Gäste, links neben der Fritty Bar ist die Tahiti Table Dance Bar seit Generationen die letzte Anlaufstelle für Besucher aus dem Umland, die einen Junggesellenabschied stilvoll ausklingen lassen wollen. Doch für einen Ausflug in den schwäbischen Südpazifik waren zu viele Zwiebeln im Gyrosbrötchen. Kurzes Innehalten. Die „Lichtspielbar“ (Eigenwerbung) verspricht kostenloses Wlan. Für den freien Internetzugang müssten die Nutzer jedoch im Gegenzug bei Facebook öffentlich machen, dass sie sich gerade in der Animierbar am Hirschbuckel vergnügen. Das könnte arbeitsrechtlich schwierig werden.

Im Spielcenter nebenan geht es weihnachtlich-besinnlich zu. Die Kunstpalme mit Lamettafäden ist genau richtig fürs Gemüt. Zwischen zwei Spielautomaten brennt eine Zigarette, die im Aschenbecher vergessen wurde, der Filter glimmt einsam vor sich hin. Fünf Spieler fordern ihr Glück heraus. Unterhaltungen scheinen einem geheimen Verhaltenskodex gemäß verboten. Wer hier neu ist, passt sich an. Wenigstens die Automaten sprechen mit den Glücksspiel-Anfängern. Leider in einer unbekannten Sprache. Es piept, es blinkt, es leuchtet – leider erhellen sich dadurch nicht die Spielregeln. Um die Gewinne, die gleich sprudeln werden, aufzufangen, stehen Plastikgeldbecher der Firma Kiesewetter bereit. Ihre Beschriftung gleicht einem Versprechen: „Gold Rush“. Doch der Einsatz ist rasch verzockt. Schnell weg, das Weihnachtsgeld ist in Gefahr.