Bietet die Zusammenarbeit auch Chancen beim Thema Hilfsfristen? Der Hemminger Gemeinderat versucht ja gerade, Einblicke zu erhalten, inwieweit diese bei Notarzt- und Rettungsdiensteinsätzen eingehalten werden.
Makurath: Wir wissen ja gar nicht, ob Handlungsbedarf besteht, das ist ja geheime Reichssache (lacht).
Schäfer: Wir hätten nichts dagegen, wenn sich der Ditzinger Gemeinderat mal damit befasst. Ich habe ja den Auftrag [vom Gemeinderat, Anm. d. Red.] bekommen, mich an das Innenministerium zu wenden, vielleicht auch unter flankierender Hilfe der beiden Abgeordneten [Markus Rösler und Konrad Epple, Anm. d. Red.]. Klar, je mehr darüber beraten wird und je mehr darüber berichtet wird, desto mehr Druck kommt in den Kessel. Dann muss natürlich auch eine gewisse Reaktion erfolgen.
Makurath: Ich bin gespannt, ob das Land das offenlegt. Es ist unverständlich, warum man so ein Thema als Geheimnis behandelt. Dabei gibt es Handlungsbedarf, das leuchtet ja ein: Je weiter Sie vom Einsatzort eines Rettungsfahrzeugs entfernt wohnen, desto länger ist die Frist. Und wenn das Land sagt, es gelte im ganzen Land die gleiche Frist, haben Sie ein Problem. Entweder ändert man dann die Frist – und das traut man sich nicht –, oder man sorgt dafür, dass die Frist eingehalten wird. Das kann man nicht bezahlen.
Es gibt auch Grenzen der interkommunalen Zusammenarbeit, das hat man gerade gesehen bei der Debatte über die gymnasiale Oberstufe an der Glemstalschule in Schwieberdingen. Ist das ein Grund, doch etwas vorsichtiger zu sein bei der Zusammenarbeit, oder diese gar in Frage zu stellen?
Schäfer: Die gemeinsame Schulträgerschaft im Zweckverband ist eine Besonderheit, ich kenne keine weiteren Beispiele. Da muss man sich zusammenraufen, und es kann durchaus unterschiedliche Sichtweisen geben.
Sehen Sie den Gemeindeverwaltungsverband (GVV) an seine Grenzen stoßen?
Schäfer: Die eigentliche Pflichtaufgabe vom GVV ist die Flächennutzungsplanung. Das war bei der Gemeindereform die Notwendigkeit, um selbstständig zu bleiben. Das mit der Oberstufe war kein Bruch, wir waren eben unterschiedlicher Auffassung. Den Weg zur Sekundarstufe II geht man nun nicht über eine eigene Lösung, sondern über die Kooperation mit allgemeinbildenden und beruflichen Gymnasien.
Es gäbe auch andere Kooperationspartner.
Schäfer: Nein. Bei der Strohgäu-Wasserversorgung gab es ähnliche Diskussionen. Da ging es darum, ob man die eigenen Brunnen behält oder sich an die Fernwasserversorgung anschließt. Es gab unterschiedliche Meinungen, eine Mehrheit hat entschieden. Es ist normal, dass man nicht immer einer Meinung ist, wenn unterschiedliche Partner zusammenarbeiten.
Makurath: Deshalb ist eine interkommunale Zusammenarbeit in der Diskussion sperrig. Wer eine Partnerschaft auf Augenhöhe eingeht, muss kompromissfähig sein. Es kommt nicht immer das raus, was man selbst für richtig hält. Jahrzehntelang hat das meiner Meinung nach aber perfekt geklappt. Nun gibt es ein strittiges Thema, aber man muss weiteren Anläufe nehmen. Einen anderen Weg sehe ich nicht – das würde ja bedeuten, dass man wieder auseinandergeht, wenn man nicht einig wird. Es gibt eben auch mal das Ergebnis, das man sich nicht einig wird. Das ist dann eben so.
Wäre es dann nicht doch in solchen Momenten attraktiv, sich interkommunal einen neuen Partner zu suchen?
Makurath: Wenn ich mich mit dem jetzigen Partner nicht geeinigt habe, würde ich mich fragen, wer mir garantiert, dass es mit dem nächsten Partner klappt. Partner verändern sich im Lauf der Zeit. Interkommunale Zusammenarbeit funktioniert dann, wenn gleichgerichtete Interessen da sind.
Schäfer: Und in fünf Jahren kann sich die Zusammensetzung eines Zweckverbands diametral verändern.
Ist es denn notwendig, sich auf Augenhöhe zu begegnen?
Makurath: Ja, natürlich. Man muss sich ernst nehmen.
Hat es deshalb die Strohgäu-Stadtwerke nicht gegeben?
Makurath: Nein, es gab unterschiedliche Sichtweisen. Die einen wollten eigene Stadtwerke, anderen war die Geldanlage wichtig.
Schäfer: Es ist ja nicht so, dass wir nicht miteinander gesprochen hätten. Da hat jeder für sich den besten Weg gewählt.

Die Zusammenarbeit zweier ungleich großer Partner

Größenmäßig bilden Ditzingen und Hemmingen das obere respektive untere Spektrum der Kommunen im Strohgäu ab. Während Ditzingen mit 24 000 Einwohnern Große Kreisstadt ist, hat Hemmingen mit 7500 Einwohnern den Status einer Gemeinde. Es gibt jedoch viele Punkte, bei denen die beiden Kommunen eng zusammenarbeiten – etwa bei ihrer Forstwirtschaftstruppe.

 


Der Ditzinger Oberbürgermeister Michael Makurath ist seit 1999 im Amt. Der 57-Jährige ist parteilos, macht aber für die SPD im Regionalparlament Politik. Er lebt mit seiner Familie im Stadtteil Hirschlanden. Thomas Schäfer ist seit 2010 Bürgermeister der Gemeinde Hemmingen. Bis vor Kurzem hat der im Jahr 1982 geborene Schäfer im Ditzinger Stadtteil Heimerdingen gelebt, wo er einst auch im Ortschaftsrat saß. Schäfer, der an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl studiert hat, war vor seiner Tätigkeit als Hemminger Bürgermeister Hauptamtsleiter der Stadt Asperg. Jüngst hat Schäfer ein Wahlversprechen eingelöst: Er zog nach Hemmingen, wo er mit seiner Familie im Neubaugebiet Hälde gebaut hat.

In Hemmingen wird 2017 vor allem das neue Feuerwehrgerätehaus geplant, ebenso stehen die Entwicklung des Neubaugebiets Hälde und der dortige Kindergarten auf der Agenda. In Ditzingen hingegen werden die laufenden Projekte vorangetrieben: Südumfahrung Heimerdingen, Schulentwicklung, Neubau der Sporthalle.