Es geht um alles – oder nichts beim VfB. Und die Angst sitzt tief bei Hardcore-Fans wie den Freunden von der VfB-Clique. Die Männer rechnen beim Besuch auf dem Wasen mit dem Schlimmsten: der Relegation.

Chef vom Dienst: Tobias Schall (tos)

Stuttgart - Jogi sieht fürchterlich aus. Das ist natürlich nicht der Normalzustand, denn der Jogi sieht für sein Alter eigentlich gut aus, genau genommen natürlich nicht nur für sein Alter. Jedenfalls: Jogi ist an diesem Mittwochabend das Gesicht zur Stuttgarter Krise. Angeschlagen wie der VfB. Sein Gesicht ziert ein übles blaues Auge und ein Cut darüber. Am Vorabend wähnte sich Jogi im eigenen Garten zu früh am Ziel und setzte an, eine Stufe zu nehmen, die aber noch etwas entfernt war – die Folge war ein Tritt ins Leere und ein Sturz auf besagte Treppe und ein Veilchen links.

 

Im Grunde ist es so auch mit dem VfB und der VfB-Clique, die an diesem Abend auf dem Wasen im Göckelesmeier-Festzelt sitzt. Der VfB wähnte sich schon am Ziel – und droht nun ganz böse hinzufallen. Jürgen hat sich schon die Relegationstermine im Kalender notiert, auch Thommi befürchtet den Sturz auf den Relegationsplatz, und der Rest der Gruppe ist ähnlich optimistisch. Vorsichtig ausgedrückt: „Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl“ – das ist der Tenor der Dauerkartenbesitzer.

Prost. Mahlzeit.

Ein Hit aus der guten alten Zeit

Noch vier Spiele. Vielleicht auch sechs. Es geht um alles – oder nichts. Und die Angst sitzt tief bei Hardcore-Fans wie den Freunden von der VfB-Clique. Eine Phase wie diese macht aus allem Leben Leiden.

Daher ist so ein Besuch auf dem Wasen nicht das schlechteste Mittel gegen den Trübsinn dieses Frühlings. Das Gute am Frühlingsfest ist ja, dass es ein Paralleluniversum ist. Hier ist es lustig, ein Prosit der Gemütlichkeit und eins, zwei, gsoffa und „Hoch die Krüge“ statt trübe Tassen. Passend dazu spielt die Band ein Lied aus der guten alten Zeit. „Ein Stern, der über Stuttgart steht, wo der deutsche Meister lebt“, intonieren die Freunde und heben den Krug. 2007 war das der Stuttgarter Hit.

Der VfB ist ein Traditionsverein. Ein Dino des Klassenkampfes. Der VfB ist mittlerweile so häufig im Abstiegskampf zu finden wie bayerische Trachten auf Stuttgarter Volksfesten. „Es ist so schrecklich“, sagt Joachim leidend, der übrigens auf die Frage, warum er keine Tracht trägt, dies von sich gab: „Tracht? ’ne Tracht Prügel kannst haben.“ Höhö. Jürgen vermisst die mannschaftliche Geschlossenheit, und Jogi ist entsetzt ob des leblosen Auftrittes in Augsburg, hat es aber geahnt: „Als nach dem Rückrundenauftakt das erste Mal von Europa geredet wurde, habe ich es schon befürchtet“, sagt er. Es folgte die Heimpleite gegen Hannover. „Wir haben die Big Points einfach nicht mehr gemacht“, wie Thommi sagt. Noch mal kurz bei Radiomann Jogi reingehört: „Wir glauben, dass wir besser sind als Darmstadt oder Ingolstadt – aber die gehen in jedem Spiel ans Limit und spielen immer das, was sie können, und heben nicht ab. Wir schon.“

Mentale Qualität ist gefragt

Zuletzt ist im Fußballjargon ja ein neues Wort en vogue: Mentalitätsspieler. Also: „Uns fehlen die Mentalitätsspieler“, sagen Thommi und Alex. Dié. Großkreutz. Rupp. „Qualität ist ja nicht nur fußballerisch wichtig, sondern wir brauchen auch mentale Qualität“, sagt Alex. Und Jürgen ergänzt: „Letztes Jahr sind alle wichtigen Spieler genau zum richtigen Zeitpunkt in Form gekommen – dieses Jahr fallen alle wichtigen Spieler genau zum falschen Zeitpunkt aus.“ The Trend is not your friend. Was übersetzt in etwa heißt: läuft grad net.

Aber es gibt Hoffnung, dass der VfB auch heuer wieder mit einem blauen Auge davonkommt, sagt Thommi: „Der Zeitpunkt ist günstig, weil es für Dortmund in der Liga um nichts mehr geht.“ Na denn: Prost.