Während die Gäste vom internationalen Geschäft träumen, kämpft der VfB nur noch gegen den Abstieg. Ob der FC Augsburg sein heimliches Saisonziel erreicht, entscheidet sich auch am Sonntag in Stuttgart.

Augsburg - Den Fußballtheoretiker Halil Altintop hat der Fußballkenner Karl-Heinz Rummenigge nicht auf der Rechnung gehabt, als er Ottmar Hitzfeld einst wissen ließ, dass Fußball keine Mathematik sei. Wenn der Fachpädagoge nun vor dem Schwabenderby am Sonntag (17.30 Uhr) beim VfB Stuttgart auf den Gegner FC Augsburg blicken sollte, könnte Hitzfeld dessen Zwischenbilanz glatt als Beleg heranziehen, dass Rummenigges Aussage nicht nur daneben, sondern falsch war.

 

Der Augsburger Altintop glaubt jedenfalls fest an die Mathematik. Seine Theorie hat er bereits Ende Oktober erörtert. „Wenn wir nicht so viele Auswärtsspiele hätten, wären wir auf einem Champions-League-Platz“, rechnete er vor. Das klang wie ein Scherz, aber Altintop hat nur eins und null zusammengezählt. Es liest sich ja wie ein Binärcode, was der FC Augsburg seit dem vierten Spieltag zum System erhoben hat: Heimsieg, Auswärtsniederlage, Heimsieg, Auswärtsniederlage, Auswärtsniederlage, Heimsieg, Auswärtsniederlage, Heimsieg. Sie scheinen gefangen im Rhythmus des Top und Flop, zwischen vollem Ertrag daheim und dem Nichts der Ferne.

Unentschieden? Nichts für den FCA

Beim FCA gibt es nur hopp oder top

Als einzige Mannschaft der Liga haben sie noch nicht unentschieden gespielt. Es ist auch ein Rhythmus, der verhindert, dass sie sich ihrem heimlichen Ziel noch ernsthafter nähern. Altintop gab vor der Saison selbstbewusst an, er werde seinen 28 Europacupspielen weitere hinzufügen. „Wenn wir ein perfektes Jahr spielen, ist das definitiv machbar“, befand der 31-Jährige. Und nicht nur er. Mittlerweile steht der kleine FCA in der Tabelle nicht nur wie in der Vorsaison wieder an der Schwelle zu Europa, sondern in der Heimbilanz auf Champions-League-Rang drei.

Auswärts ist es allerdings Platz 17, weil die Mannschaft des Trainers Markus Weinzierl mit Stürmertoren geizt und die Europapokalarithmetik ignoriert, wonach Auswärtstore doppelt zählen. Das gilt zwar nicht in der Bundesliga, aber wenigstens üben müssten sie dort schon mal, wenn es etwas werden soll mit den Touren über die Republikgrenzen hinaus. Erst einmal haben sie auswärts gepunktet, am dritten Spieltag durch das 1:0 bei Eintracht Frankfurt, hinzu kam nur ein weiteres läppisches Auswärtstor. Weinzierl rätselt ein bisschen, warum seine Elf auf Reisen oft so verzagt agiert. Aber er hat auch registriert, dass es zuletzt beim FC Schalke 04 Anzeichen für ein baldiges Ende der Serie gab. Erstmals seit Wochen waren die Augsburger dort so kernig aufgetreten, wie sie das zuverlässig daheim tun.

Augsburger Puppen-, Prügel-, und Punktekiste

Als zweikampfstärkstes Team der Liga werden sie trotz der Auswärtsschwäche geführt, und sie haben es sogar geschafft, diesen Ruf zu pflegen, ohne zu spielen. Wegen des Vorwurfs nächtlicher Raufereien von Raul Bobadilla und Alexander Esswein war neulich schon von der Augsburger Prügelkiste die Rede. Gegen eine Umwandelung der Puppen- in die Punktekiste würden sie sich weniger wehren.

Kernkompetenz Konditionsstärke

Vielleicht besinnen sie sich nun auf ihre Kernkompetenzen, die solide Defensive samt Konditionsstärke. Nach der 60. Minute haben sie erst ein Gegentor kassiert, der Bestwert der Liga. Auch das klingt, als sei mehr als der Klassenverbleib realistisch. Sie müssten nur ihren Rhythmus durchbrechen. Womöglich ziehen sie nun die Wahrscheinlichkeitslehre heran, um ihre Blockade zu lösen. Gegen Stuttgarts Trainer Armin Veh, in der Vorsaison noch in Frankfurt, kamen zuletzt vier Punkte zusammen, einer davon auswärts. Gegen den VfB waren es sogar sechs, darunter der höchste Auswärtssieg: ein 4:1. Und der Tabellenletzte ist derzeit das heimschwächste Team der Liga. Aus der gegenwärtigen FCA-Sicht ist das ja irgendwie auch logisch: Veh ist in Augsburg geboren, er spielt in Stuttgart also auswärts.

Altintop hat sein Faible für Europa jüngst übrigens untermauert. „International spielen ist immer noch ein Highlight für jeden Profi“, sagte er, „davon kann man nie genug bekommen.“ Zugleich hat er die Mathematikverweigerer an die Einfachheit der Fußballgleichungen erinnert. Bis zur Winterpause seien es „noch sieben Spiele, also 21 Punkte“, rechnete Altintop vor dem 3:0 gegen Paderborn hoch. Nach Adam Altintop sind es nun noch 18, neun auswärts, neun daheim. Jedenfalls theoretisch.