Nach seiner Rückkehr aus Nürnberg sieht sich der Angreifer Julian Schieber beim VfB Stuttgart in einer neuen Rolle - als richtiger Profi.

Stuttgart - Eigentlich, sagt Julian Schieber, habe sich nicht viel verändert. Auf dem Vereinsgelände des VfB Stuttgart hat alles noch seinen Platz, das Personal auf der Geschäftsstelle ist nahezu identisch geblieben, und auch die meisten Mitspieler kennt der Fußballprofi noch aus enger Zusammenarbeit. Also hat Julian Schieber "das Gefühl, nie weg gewesen zu sein" - findet dann aber doch noch einen entscheidenden Unterschied zu früher: "Ich bin jetzt nicht mehr der kleine Jugendspieler, der sich hinten anstellen muss - ich bin jetzt ein richtiger VfB-Profi."

 

Am Montag hat Schieber seinen Dienst an seinem alten Arbeitsplatz angetreten, der nun wieder sein neuer ist. Er ist zurückgekehrt aus Nürnberg, wohin er ein Jahr ausgeliehen war - und wo er in seiner Karriere einen entscheidenden Schritt nach vorne gemacht hat. Sechsmal hatte er zuvor in zwei Spielzeiten beim VfB von Beginn an spielen dürfen. Beim Club war er sofort Stammspieler, hat in 29 Bundesligaspielen sieben Tore erzielt, neun Treffer vorbereitet - und die Saison mit dem vermeintlichen Abstiegskandidaten auf dem sehr guten sechsten Platz beendet.

Bobic freut sich über Schiebers Entwicklung

Es war also ein Ausleihgeschäft, dass ziemlich exakt so gelaufen ist, wie sich der VfB das vorgestellt hat. Der Verein hat Schieber gewissermaßen als Lehrling fortgeschickt - und bekommt nun einen Stürmer zurück, der bewiesen hat, dass er sich auf hohem Niveau durchsetzen kann. Sein Selbstvertrauen ist dadurch spürbar gestiegen: "Früher", sagt er, "war ich immer aufgeregt, wenn ich eingewechselt wurde." Mittlerweile ist es für ihn "fast schon Routine", in der Bundesliga zu spielen.

Intensiv hatten sich die Nürnberger in den vergangenen Monaten darum bemüht, Schieber zumindest noch ein weiteres Jahr auszuleihen. Am Stürmer wäre es womöglich nicht gescheitert, er hat Nürnberg "mit einem weinenden Auge verlassen". Der VfB jedoch hat stets klargemacht, dass er sein Eigengewächs unverzüglich wieder zurückhaben will. "Nicht einmal ansatzweise diskussionswürdig" seien die Nürnberger Vorstöße gewesen, sagt der VfB-Manager Fredi Bobic und freut sich über die Entwicklung des Angreifers: "Es ging darum, dass er Spielpraxis bekommt, besser in die Liga reinfindet und bei einem kleineren Club mit weniger Druck seine Leistungen stabilisiert. All das ist gelungen."

Mit Blessuren zurückgekehrt

Julian Schieber hat sich in dem einen Jahr in Nürnberg nicht nur als Fußballer weiterentwickelt, er sieht sich auch als Mensch gereift. "Ich kam in ein neues Umfeld, hatte erstmals eine eigene Wohnung und war auf mich allein gestellt", sagt er. Jetzt wohnt er zwar wieder wie früher in Backnang - allerdings nicht mehr bei den Eltern, und seine schmutzigen Klamotten, beteuert er, wäscht er inzwischen selbst.

Der Reifeprozess auf und neben dem Spielfeld soll nun dazu führen, dass sich der 22-Jährige auch beim VfB durchsetzt. Aus Nürnberg hat er zwar eine Oberschenkelblessur mitgebracht, die im Urlaub in Thailand nur ein eingeschränktes Pensum zuließ und die ihn wohl daran hindern wird, nach den Leistungstests am Montag und Dienstag im ersten Mannschaftstraining am Mittwoch gleich voll einzusteigen. Möglichst bald jedoch will er die körperlichen Defizite aufholen und sich den Platz im Stuttgarter Angriffszentrum sichern.

"Ich freue mich, wieder hier zu sein"

Das 4-2-3-1-System des VfB-Trainers Bruno Labbadia sieht dort nur eine Planstelle vor, um die sich auch Pawel Pogrebnjak und Cacau bewerben. "Der Konkurrenzkampf bei uns ist natürlich größer als in Nürnberg", sagt Bobic - und glaubt fest daran, dass Schieber der Mannschaft weiterhelfen kann: "Ich sehe ihn als wichtigen Spieler - auch weil er eine Identifikation mit dem Verein ausstrahlt."

Schiebers Stellenwert beim VfB ist also gestiegen - was der Stürmer im Übrigen auch bei der Vergabe der Rückennummern gemerkt hat. Früher hatte er die 39 und wollte nun jene 23, die ihm in Nürnberg Glück gebracht hat. Der Ersatztorhüter Marc Ziegler war so nett, die Nummer für die neue Sturmhoffnung freizugeben - und so kann Schieber nun endgültig sagen: "Ich freue mich, wieder hier zu sein."