Es war ein ungewohntes Szenario, das sich den VfB-Spielern in der mit 23 000 Fans ausverkauften Eintracht-Arena in der zweiten Halbzeit bot und das im Trainer-Jargon „Gegen den Ball arbeiten“ heißt. Hatten die Stuttgarter zu Beginn trotz Dauerregens souverän und gekonnt das Bällchen durch die eigenen Reihen laufen lassen, war es spätestens nach der berechtigten Gelb-Roten Karte für Marcin Kaminski (41.) komplett vorbei mit der Dominanz des Tabellenführers.

 

Doch in der Zwangslage, ein Mann weniger zu sein, entdeckte der VfB neue Seiten an sich, die symbolisch für die Weiterentwicklung des Teams stehen. „Das ist ein großartiges Signal, das die Mannschaft sendet“, sagte der Trainer Hannes Wolf, der mit „den 45 Minuten reinem Fight“ extrem zufrieden war. Sein Team kann jetzt also nicht nur mit Hacke-Spitze à la Carlos Mané verblüffen, es kann auch wacker in Unterzahl eine Halbzeit lang verteidigen, ohne den Ball dabei allzu oft zu sehen. In Braunschweig war es etwa der junge Benjamin Pavard, der auf dem regendurchtränkten Rasen sein Kämpferherz entdeckte. Im Herbst in Dresden beim 0:5 war der Lockenkopf aus Frankreich noch beim ersten Gegenwind aus den Latschen gekippt, diesmal stemmte sich Pavard beherzt dagegen.

Der VfB stellt mit 24 Gegentoren nach 23 Spielen inzwischen die drittstärkste Abwehr der Liga. Lediglich der Zweite Union Berlin und der 1. FC Kaiserslautern haben einen Treffer weniger kassiert. Dies ist eine ganz neue Stabilität beim VfB, der gerade im Abwehrzentrum über die Jahre hinweg ein fast schon traditionelles Problem hatte. Doch nun gibt vor allem der Abwehrchef Timo Baumgartl der Defensive Halt. Entwickelt sich der „Baumi“ in diesem Tempo weiter, dürfte er zeitnah nicht nur in der U 21 ein Kandidat für internationale Aufgaben sein. Während die Abwehr auch dank des stark aufspielenden Jean Zimmer auf der Kevin-Großkreutz-Position einen Sahneabend erwischte, symbolisierte Mitch Langerak quasi die Kirsche auf der Torte. „Er ist ein fantastischer Torwart“, lobte Wolf den Goalie, der nicht nur durch seinen gehaltenen Elfmeter aus einer guten Mannschaft noch herausstach.