Der Innenverteidiger des VfB Stuttgart erzielt gegen Hoffenheim zwei Tore – aber was heißt das für die Besetzung des Abwehrzentrums?

Stuttgart - Als das Spiel schon lange abgepfiffen ist, steht Georg Niedermeier (30) noch immer draußen vor dem Stadion und unterhält sich ausführlich mit den Fans. „Sag mal, wie war das gerade noch mal auf dem Platz?“, heißt es da, bevor sie ihm wieder und wieder auf die Schulter klopfen. Es gibt ja wirklich genug zu feiern und zu erzählen angesichts der Erfolgsgeschichte an diesem Nachmittag, die in den vergangenen Monaten jedoch eine anders geartete Vorgeschichte hatte. Um beides geht es dann auch gleich nach dem Schlusspfiff drinnen in den Katakomben. Alles dreht sich um Niedermeier, den sie wegen seiner zupackenden Art den „Niederstrecker“ nennen. Oder auch „Schorsch“.

 

Beim 5:1-Sieg gegen Hoffenheim hat der „Schorsch“ zum ersten Mal in seiner Karriere zwei Treffer in einer Partie erzielt – den ersten im Stil eines abgebrühten Torjägers („Ich habe halt lange Haxen, und die habe ich da gebraucht“) und den zweiten mit einem Kopfball, von dem der Trainer Jürgen Kramny später schwärmen wird („Wahnsinn, der Schorsch stand ja in der Luft – und dann hat es bumm gemacht“). Der letzte VfB-Innenverteidiger, bei dem es zuvor zweimal bumm gemacht hat, war übrigens Marcelo Bordon. Das liegt fast 15 Jahre zurück und zeigt dann schon die besondere Note dieses Ereignisses.

Als Erster erscheint danach Robin Dutt in der Interviewzone – aber wer nun erwartet hatte, dass er vor diesem Hintergrund zu einer ähnlichen Hymne auf Niedermeier ansetzt wie parallel Kramny auf der Pressekonferenz („Bei Schorsch war die absolute Gier zu spüren“), sieht sich getäuscht. Bei Dutt macht es überhaupt nicht bumm.

Vielmehr präsentiert er sich sehr zurückhaltend, speziell wenn die Verlängerung des im Sommer endenden Vertrags von Niedermeier thematisiert wird – und das passiert recht zügig. „Wir reden mit allen Spielern, deren Verträge auslaufen“, sagt der Manager dazu nur. Also auch mit Daniel Schwaab (27), der unter Kramny in der Abwehrmitte ebenfalls gesetzt ist.

Bei dieser Entwicklung bleibt Dutt jetzt kaum etwas anderes übrig als den beiden Routiniers frische Angebote vorzulegen – wodurch er aber wiederum ein neues Problem hat. Es lautet: wohin mit Toni Sunjic (27, Vertrag bis 2018), den der VfB im Sommer für 3,5 Millionen Euro verpflichtet hat, und wohin mit Federico Barba (22), der bis Juni aus Empoli ausgeliehen wurde und bisher verletzt ist? Im Anschluss wollte Dutt den Italiener für drei Millionen Euro kaufen – doch ist das jetzt noch sinnvoll?

Denn Kramny hat sich auf die Rangfolge mit den Anführern Niedermeier und Schwaab festgelegt, wobei dahinter Timo Baumgartl (20) eine Alternative ist. Da gibt es für Sunjic und/oder Barba eigentlich keine Verwendung mehr. Eine andere Frage ist aber, warum sie geholt wurden, wenn vorhandene Spieler im Kader besser sind?

Dutt muss bald Antworten liefern, wie es bei den Innenverteidigern weitergeht. Das nimmt ihm keiner ab, zumal Niedermeier vorlegt. Man müsse zwar abwarten, zu welchem Resultat die Verhandlungen führen, sagt er, „Fakt ist aber, dass ich mich in Stuttgart wohlfühle und hier meinen Lebensmittelpunkt gefunden habe.“

So ist Dutt am Zug, der noch im Herbst die Politik von Alexander Zorniger mitgetragen hat. Der frühere Trainer musterte den „Schorsch“ aus. Das ist die Vorgeschichte des Samstags, die auch noch mal aufbereitet wird. Obwohl die Situation damals nicht leicht gewesen sei, „bin ich nicht der Typ, der jetzt nachkartet“, sagt Niedermeier – und Genugtuung sei auch das falsche Wort für seine Gefühlslage. Eine kleine Spitze kann er sich am Ende aber doch nicht verkneifen, indem er hinzufügt, „dass die Punkte, die wir seit dem Trainerwechsel einfahren, ja für sich sprechen.“

Das sind seine Argumente. „Positive Ergebnisse beeinflussen solche Dinge nicht negativ“, sagt Kramny über die anstehenden Vertragsgespräche mit Niedermeier. Dutt erklärt noch, „dass vor einer Woche ja der Hannoveraner Innenverteidiger Christian Schulz hier zwei Tore erzielt hat. Da ist es mir schon lieber, wenn unser Innenverteidiger zweimal trifft.“ Aber mehr Lob gibt es von ihm für den „Schorsch“ nicht.