Huub Stevens bleibt Trainer des VfB Stuttgart, auch wenn er in diesem Jahr noch kein Spiel gewonnen hat. Das hat mehrere Gründe.

Stuttgart - Die Dinge laufen bei einem Fußballverein meistens gründlich schief, wenn beim Training nach dem Spielen mehr Reporter als Fans auf dem Gelände stehen. Dann heißt das große Thema: Krisenberichterstattung. Und dann sieht sich Robin Dutt, der Sportvorstand des VfB Stuttgart, am Morgen nach dem 0:0 gegen Hertha BSC wieder einmal von einem halben Dutzend Fernsehkameras umzingelt und soll erzählen, wie er die Krise zu bewältigen gedenkt.

 

Robin Dutt ist zwar erst seit gut zwei Monaten Manager eines Bundesligaclubs – doch er musste sich schnell gewöhnen an die Fragen nach der Zukunft seines wichtigsten Mitarbeiters, dem Cheftrainer. Bisher lautete seine Strategie: nur ja nicht zu viel sagen, nur ja keine Versprechungen machen. Dutt verzichtete darauf, Huub Stevens in der Öffentlichkeit den Rücken zu stärken – und trug dadurch unfreiwillig dazu bei, dass die Trainerdiskussion in der vergangenen Woche ausuferte.

Dutt stärkt Stevens den Rücken

Diesmal legt sich Dutt Worte zurecht, die keine Interpretationsspielräume offenlassen: „Wir sind der absoluten Überzeugung, dass er genau der richtige Mann für diese Situation ist.“ Stevens habe die nötige Erfahrung und Überzeugungskraft – und nicht zuletzt: „Die Spieler folgen ihm.“ Mehr Rückhalt geht nicht, wenn ein Trainer mit seiner Mannschaft seit Wochen auf dem letzten Tabellenplatz steht und noch kein Heimspiel gewonnen hat.

Das bedeutet: Stevens, der über ein bemerkenswert dickes Fell verfügt und über die ganzen Diskussionen um seine Person „nur noch lachen“ kann, sitzt auch am Freitag in Leverkusen auf der VfB-Bank. Und wenn es gegen den Werksclub kein Debakel gibt, dürfte sich an dieser Besetzung auch vor dem anschließenden Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt nichts ändern. In der darauf folgenden Länderspielpause könnte die Situation zwar neu bewertet werden, denn der VfB wird nicht tatenlos zuschauen, sollte sich die Mannschaft auch dann noch unaufhaltsam der zweiten Liga nähern. Doch sind die Verantwortlichen auch nach acht sieglosen Spielen hintereinander zumindest festen Willens, die Saison mit Stevens zu Ende zu bringen.

Den Spielern fehlt es nicht an gutem Willen

Das hat mehrere Gründe: Erstens gibt es wenig Anhaltspunkte, die dafür sprechen, dass ein anderer Trainer mehr aus diesen Spielern herausholen könnte. Niemand kann den VfB-Profis vorwerfen, dass sie sich hängen lassen und nicht ihr Bestes versuchen würden. Da steht kein zerstrittener Haufen auf dem Platz, dem die Zukunft des Vereins und des Trainers egal wäre – zumindest ist das bei den meisten Spielern der Fall. Es bedarf daher auch keines anderen Schleifers in der Not, der den Profis in den Hintern tritt. Der Mannschaft fehlt es nicht an gutem Willen – ihr fehlt es schlicht an Qualität. Sonst würde der VfB nicht zum wiederholten Mal in den vergangenen Jahren tief im Abstiegssumpf stecken.

Groß wäre daher, zweitens, die Gefahr, dass auch ein neuer Trainer mit dieser Mannschaft scheitern würde. Das wiederum hätte unabsehbare Folgen. Denn der VfB würde im Falle eines weiteren Wechsels keinen Feuerwehrmann der Marke Stevens mehr engagieren, sondern einen Perspektivtrainer, der auch über die Saison hinaus bleiben soll – aller Voraussicht nach wird es Alexander Zorniger sein. Ein Abstieg jedoch würde ihn nachhaltig beschädigen, noch ehe er richtig begonnen hat.

Stevens hat seine taktische Ausrichtung geändert

Und drittens schließlich wertet der Verein den zarten Aufwärtstrend in den vergangenen beiden Spielen als weiteres Argument pro Stevens. Das 1:1 in Hannover und das 0:0 gegen Berlin helfen im Abstiegskampf zwar nicht weiter, weil zwei Punkte gegen diese Teams viel zu wenig sind. Doch erinnerte die Mannschaft immerhin wieder daran, dass der Sinn des Fußballs nicht ausschließlich darin besteht, sich vor dem eigenen Tor zu verbarrikadieren. Mit einer offensiveren Ausrichtung kam Stevens, der sich noch nach dem 1:2 in Hoffenheim als „ratlos“ bezeichnet hatte, dem allgemeinen Wunsch nach, auch wieder ein bisschen nach vorne zu spielen. „Er hat seine Taktik zuletzt angepasst – für mich sieht das schlüssig aus“, sagt Dutt und erklärt: „Ich habe den Eindruck, dass die Mannschaft und der Trainer trotz des großen Drucks nicht schlechter werden, sondern besser.“

Auf einer Skala von eins bis zehn gibt der Manager seinem Team für die Leistung gegen Hertha „eine 9,9“, was zwar maßlos übertrieben ist, von Dutt aber mit einer weiteren Zahl belegt wird: „Wenn ein Tabellenletzter 70 Prozent Ballbesitz hat, sagt das einiges über uns und die ganze Bundesliga aus.“ Dumm nur, dass die entscheidenden Ziffern 0 und 18 lauten: Der VfB hat selbst gegen Hertha BSC kein Tor geschossen und bleibt Tabellenletzter. Und Huub Stevens sagt: „Unsere Situation wird von Spiel zu Spiel schwieriger.“