Trotzdem wurde der kleine Filigrantechniker bei den Fans schnell zum roten Tuch. Für sie ist Camoranesi das Symbol einer verfehlten Vereinspolitik und des damit verbundenen Niedergangs in dieser Saison. In der Europa League gegen Odense, seinem letzten Auftritt, wurde er kurz vor Weihnachten bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen und flüchtete anschließend in die Kabine. Spätestens da wird er gemerkt haben, dass sein Wechsel nach Stuttgart vor allem eines war: ein Missverständnis. "Ich habe mir alles ganz anders vorgestellt."

Im Abstiegskampf sind andere Spielertypen gefragt


In den Planungen von Bruno Labbadia spielt Camoranesi keine Rolle mehr. "Er hat spielerische Stärken, die er in einer funktionierenden Mannschaft besser zum Tragen bringen könnte", sagt der VfB-Trainer: "Wir stecken allerdings im Abstiegskampf - da sind andere Tugenden gefragt." Sehr aufmerksam hat Labbadia registriert, dass Camoranesi im Trainingslager in der Türkei in den Steigerungsläufen meist hoffnungslos hinterhergetrabt ist: "Das ist keine einfache Situation für einen Spieler mit dieser Vergangenheit." Nun reiht sich Camoranesi ein in die lange Liste kostspieliger Fehleinkäufe, in der bislang Leute wie Yildiray Bastürk oder Khalid Boulahrouz ganz oben standen. Über Jahre hinweg haben sie den VfB viele Millionen gekostet.

In Camoranesis Fall geht es darum, schneller eine Lösung zu finden und die Zusammenarbeit umgehend zu beenden. Am Verein wird Camoranesis Vorschlag, getrennte Wege zu gehen, nicht scheitern. "Wir haben im Trainingslager ein respektvolles Gespräch geführt. Da hat er uns mitgeteilt, das er den VfB verlassen möchte", sagt der Manager Fredi Bobic: "Wenn er einen Verein präsentiert, werden wir Wege finden, das zu realisieren."

Nun hoffen also beide Parteien auf einen Abnehmer, bis Ende des Monats ist das Transferfenster offen. "Mein Wunsch ist es, nach Spanien zu gehen", erklärt der Spieler, der auch bereit wäre, dafür auf Geld zu verzichten. Denn: "Ich liebe den Fußball und will nur wieder spielen."