Der VfB will bei der nächsten Mitgliederversammlung die Ausgliederung der Profiabteilung zur Wahl stellen. Das Projekt entscheidet über die Zukunft des Vereins – und über die des Präsidenten Bernd Wahler.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Auch in der deutschen Unterstatement-Hauptstadt Stuttgart spielen persönliche Eitelkeiten eine Rolle – zum Beispiel, wenn es um das Präsidentenamt beim VfB geht. So hat es Gerhard Mayer-Vorfelder immer besonders gut gefallen, wenn er als Gesicht des VfB-Aufstiegs von der zweiten Liga in die erweiterte europäische Spitze gesehen wurde. Der Preis dafür war hoch. Und so wird es seinem Nachfolger Manfred Haas gutgeschrieben, den Verein vor der drohenden Insolvenz gerettet zu haben. Eine Einschätzung, die Haas durchaus teilt. Und da ist natürlich auch noch Erwin Staudt, der kein Fest ausließ, auf dem er für die Umwandlung des Stuttgarter Stadions in eine reine Fußball-arena gefeiert werden konnte.

 

MV, Manfred Haas und Erwin Staudt waren prägende, bedeutende VfB-Präsidenten in den vergangenen 40 Jahren, und zwar weil jeder von ihnen ein Großprojekt umsetzte, mit dem er positiv im kollektiven Fan-Gedächtnis bleibt. Nur zu gerne würde nun auch Bernd Wahler in diesen Kreis aufsteigen. Seine Mission: die Ausgliederung der Profiabteilung bei der nächsten Mitgliederversammlung, um dem VfB neue Geldquellen zu erschließen.

Wird aus Wahler der 80-Millionen-Bernd?

Wahler könnte so zum 80-Millionen-Bernd werden – wenn die Mitglieder einer Ausgliederung mit einer Dreiviertelmehrheit zustimmen. Eine hohe zweistellige Millionensumme verspricht der Plan, 24,8 Prozent der Profianteile an Investoren zu verkaufen. Dieses Vorhaben ist noch ambitionierter als das Stadionprojekt, weil es für die Ausgliederung unter den Mitgliedern bei Weitem nicht eine solche Zustimmung gibt wie einst für das Staudt’sche Leichtathletikbahn-Ade.

Bernd Wahler muss viel Überzeugungsarbeit leisten. Zunächst einmal in eigener Sache. „Das wird alles kein Zuckerschlecken“, hat Wahler bei der ersten Regionalversammlung am Montagabend gemutmaßt. In der Soccer Lounge der Mercedes-Benz-Arena wurde der Versuch gestartet, die Mitglieder in die Clubentwicklung einzubeziehen und von der Notwendigkeit der Ausgliederung zu überzeugen. Dazu gehört natürlich auch, dass der Präsident das Vertrauen der Mitglieder hat. Allein das zu gewinnen dürfte schon eine große Aufgabe werden. Es ist der VfB selbst, der diese Einschätzung mit Zahlen belegt.

Die Mitglieder geben der Clubführung sehr mäßige Noten

Bei einer Online-Befragung des Vereins, an der rund 4400 Mitglieder teilnahmen, schnitten der Clubchef und seine Führungsmannschaft nicht gerade gut ab und erhielten im Schulnotensystem nur eine 3,9. Ausreichend. Außerdem bemängelten die Mitglieder, dass ihr Präsident viel zu selten öffentlich in Erscheinung trete. „Das wird sich ändern“, sagte Wahler auf der Regionalversammlung, verwies aber gleichzeitig darauf, dass andere Bundesligapräsidenten auch nicht das Gesicht ihres Vereins seien. In diesem Zusammenhang hat Wahler allerdings nicht bedacht, dass es auch so etwas wie eine VfB-Tradition ist, dass die angesehenen Präsidenten dieses Clubs immer auch sehr präsent waren. Gerhard Mayer-Vorfelder und Erwin Staudt lassen schon wieder grüßen.

Sollte Bernd Wahler mit seinem richtungsweisenden Plan, die VfB-Profiabteilung auszugliedern, am Ende scheitern, dürfte er selbst auch keine große Zukunft mehr im Verein haben. Schließlich wäre eine solche Entscheidung auch als Misstrauensvotum gegen ihn persönlich zu verstehen. Auch wenn Wahler betont, dass es bei der Weiterentwicklung des Clubs nicht um Personen, sondern allein um den VfB Stuttgart gehen soll.