Innerhalb von nur einer Woche ist die Stimmung beim VfB Stuttgart umgeschlagen. Aber der Trainer Jürgen Kramny bleibt seiner unaufgeregten Linie treu.

Stuttgart - Jürgen Kramny sitzt auf dem gleichen Stuhl wie vor einer Woche, als die Welt noch in Ordnung gewesen ist. Damals muss der Trainer des VfB Stuttgart auf der Pressekonferenz nach acht Spielen ohne Niederlage euphorische Stimmen im Umfeld bremsen, die bereits vom Erreichen eines internationalen Wettbewerbs träumen. „Wir dürfen nur an den nächsten Schritt denken und nicht schon an den übernächsten“, sagt Kramny.

 

Seitdem hat die Mannschaft gegen Hannover und Mönchengladbach verloren. Deshalb ist die Welt nicht mehr in Ordnung und das Thema lautet sieben Tage später nicht mehr Europa League, sondern Abstiegskampf. Frust statt Lust – so wechselt die Stimmungslage auf dem Wasen innerhalb kürzester Zeit von einem Extrem ins andere. Nur der Stuhl, auf dem Kramny vor der Partie gegen Hoffenheim sitzt, ist immer noch der gleiche wie vor Hannover.

Kramny war und ist als Krisenmanager gefordert

Er nimmt Platz und sagt, dass er nie von einem anderen Ziel gesprochen habe als vom Klassenverbleib. Das stimmt und das war in der Tat auch sein einziger Auftrag, nachdem er am 24. November die Nachfolge von Alexander Zorniger angetreten hat. Kramny war als Krisenmanager gefragt – und das ist er heute auch noch.

Zu Gute kommt ihm dabei eventuell einerseits, dass er sich mit derart angespannten Situationen auskennt und weiß, wie man sie meistert. Denn mit dem VfB II, bei dem er vor seinem Aufstieg zu den Profis tätig war, hat er die Kurve am Ende immer bekommen und das rettende Ufer erreicht. Zum anderen arbeitet Kramny nun aber nicht mehr in der dritten, sondern in der ersten Liga. Da ist der Druck noch mal um einiges höher, was neu für ihn ist. Wie geht er damit um?

Antwort: äußerlich gelassen. Wenn ihn die beiden Pleiten gegen Hannover und Gladbach belasten, lässt er sich das zumindest nicht anmerken. So entsteht der Eindruck, dass nicht nur der Stuhl immer noch der gleiche ist wie vor einer Woche gegen Hannover, sondern auch derjenige, der auf diesem Stuhl sitzt.

Aber was kann ein Trainer denn auch überhaupt machen, wenn drei Tage nach einer Abfuhr schon wieder ein richtungsweisendes Duell auf dem Programm steht? Kramny will „Zuversicht ausstrahlen und das vorleben“. Reine Zeitverschwendung wäre es in seinen Augen dagegen, sich zu lange mit dem Rückblick aufzuhalten. Klar, dass die Spieler ein paar elementare Fehler beispielsweise in Sachen Taktik gemacht haben, hat ihnen Kramny sachlich erklärt. Aber ein größeres Problem will er aus den beiden ernüchternden Spielen zuletzt nicht ableiten. „Vielleicht haben wir da alles reingepackt, was man Negatives reinpacken kann“, sagt er stattdessen nur.

Die Mannschaft ist in der Pflicht

Das soll erstens heißen, dass es nur besser werden kann – und zweitens sagt Kramny, dass es auch besser wird. „Wir haben erkannt, dass wir so nicht auftreten können. Ich denke, das hat die Mannschaft verstanden.“ Entsprechend sind seine Argumente. „Es ist ja nicht so, dass alles weg wäre“, sagt er. Die positiven Tendenzen nach der Winterpause seien nur mal kurz von der Festplatte gelöscht worden, „aber jetzt werden wir wieder darauf zurückgreifen.“

Nur nicht in Aktionismus verfallen und keine Panik verbreiten – nach diesem Motto verhält er sich. So unaufgeregt wie er bis vor sieben Tagen die Erfolge eingeordnet hat, so unaufgeregt präsentiert er sich auch jetzt in dieser Konstellation, da das Ganze zu kippen droht. Das äußert sich in Sätzen wie diesen: „Ich gehe davon aus, dass jeder die Chance sieht, die sich gegen Hoffenheim bietet.“ Oder: „Wir werden elf hungrige Spieler auf den Platz bringen.“ Oder: „Wir werden einen anderen Auftritt hinlegen – ganz, ganz sicher.“ Oder auch: „Vielleicht ist es so, dass man in diesem Geschäft ab und zu mal einen Dämpfer braucht.“

Keiner muss Kramny jedoch sagen, was passiert, wenn gegen Hoffenheim der nächste Dämpfer folgt. Aber fest steht auch, dass er dann trotzdem auch eine Woche später vor der Partie in Ingolstadt wieder auf dem gleichen Stuhl sitzen wird.