Selbst die große Abschlussschwäche stört den SC Freiburg vor dem wichtigen Spiel in der Fußball-Bundesliga beim VfB Stuttgart nur bedingt. Noch im Winter lag der Sportclub abgeschlagen auf dem letzten Tabellenrang, im Rückrundenranking würde Platz zwölf herausspringen.

Freiburg - Für Julian Schuster ist die Woche ohne Aufregungen verlaufen. Wie immer hat der Freiburger Kapitän, der seit 2008 beim Sportclub spielt, morgens die Kinder in die Kita gebracht, ehe er zum Training ging. Dass an diesem Samstag (15.30 Uhr) das Baden-Württemberg-Derby beim VfB Stuttgart ansteht, habe man in den vergangenen Tagen kaum gemerkt, berichtet der gebürtige Bietigheimer, der selbst drei Jahre bei den VfB-Amateuren spielte. Allenfalls „ein klein bisschen höher“ sei das Medieninteresse gewesen.

 

Auch der Trainer Christian Streich wirkte bei der Pressekonferenz am Donnerstag gelassen. Zwar ließ er keinen Zweifel daran, dass er seinem Team einen Sieg zutraut, doch ein paar freundliche Worte fand er trotzdem für den Gegner. „Eine enorme individuelle Qualität“ habe der VfB, nur dass der Club ein Problem damit – Achtung Vergangenheitsform – „hatte“, die auch „zum Ausdruck zu bringen. Jetzt läuft es besser.“ Auch dank Individualisten wie Filip Kostic, Daniel Ginczek und Christian Gentner, die er gesondert erwähnte. Und dank der Ruhe, die neuerdings beim VfB herrsche.

Dass der Manager Robin Dutt und der Präsident Bernd Wahler der Versuchung widerstehen würden, ein zweites Mal in dieser Saison den Trainer zu wechseln, hat Streich „nicht überrascht“. Auch den Ausfall von Serey Dié (Gelbsperre) werde Stuttgart „eins zu eins“ kompensieren, sagte Streich – eine interessante Aussage, wenn man weiß, dass im Winter auch der SC großes Interesse an dem Ivorer hatte.

Vor dem Tor fehlt die Cleverness

Natürlich weiß auch Streich um das größte Freiburger Manko. Beim letzten Heimspiel gegen Mainz wies die Statistik 25 Torschüsse für seine Elf aus, doch man verlor als besseres Team 2:3. „Wenn wir daraus die Lehren ziehen wollen, müssen wir vor dem Tor cleverer werden“, sagt Schuster. „Und genau daran haben wir in den vergangenen Tagen im Training gearbeitet.“

Dass der Sportclub an vorderster Front ein Personalproblem hat, glaubt Schuster nicht: „Wir haben ja schon bewiesen, dass wir Tore schießen können. Da ist einfach jeder von uns gefordert, nicht nur die Stürmer.“ Konzentrationsdefizite im entscheidenden Moment hat der 30-jährige Mittelfeldspieler stattdessen ausgemacht.

Viele Beobachter glauben allerdings, dass die Freiburger Abschlussschwäche auch eine Qualitätsfrage sei. In der Defensive ist man gut aufgestellt – nur acht der 18 Konkurrenten haben weniger Gegentore als der SC (39) bekommen – doch der beste Freiburger Schütze bringt es auf sechs Treffer (Vladimir Darida, darunter fünf Elfmeter). Weil die Torausbeute schon in der Vorrunde zu wünschen übrig ließ, holte man im Winter Nils Petersen von der Bremer Ersatzbank. Er sollte – obwohl er verletzungsbedingt nur zu sieben Einsätzen kam – treffsicherster Freiburger werden: viermal traf er bisher. Am Samstag könnte er wieder in der Startformation stehen.

Nur Pavel Krmas fällt gelbgesperrt aus

Doch Auswärtsbilanz hin und Abschlussschwäche her – so schlechte Karten haben die Badener im Stuttgarter Stadion nicht. Immerhin zeigte die Leistungskurve beim SC zuletzt nach oben. Noch im Winter lag man abgeschlagen auf dem letzten Tabellenrang, im Rückrundenranking würde Platz zwölf herausspringen. Und das sei kein Zufall, wie Schuster meint: „Das Wichtigste ist, dass all die Verletzten wieder einsatzbereit sind. Das erhöht das Niveau im Training und sorgt dafür, dass der Trainer flexibler aufstellen und auf Formschwankungen reagieren kann.“

So sieht das auch Streich, der am Samstag nur auf den gelbgesperrten Verteidiger Pavel Krmas verzichten muss: „Wenn wir das Niveau der letzten Spiele an den Tag legen, bin ich zuversichtlich, dass wir aus Stuttgart etwas mitnehmen.“

Julian Schuster freut sich derweil nicht nur auf ein Wiedersehen mit den ehemaligen Mitspielern Gentner und Sven Ulreich, mit denen er noch das Trikot mit dem Brustring trug: „Ich habe in meiner Stuttgarter Zeit auch mal ein Praktikum in der VfB-Marketingabteilung gemacht“, sagt Schuster. „Zu den damaligen Kollegen habe ich auch noch einen ganz guten Draht.“