Matthieu Delpierres Verletzung beeinflusst die Transferpolitik des VfB. Für ihn hätte der Club auf eine schöne Ablösesumme hoffen dürfen.

Stuttgart - Wenn der VfB Stuttgart am Samstag beim FC Bayern antritt, humpelt Matthieu Delpierre (30) im besten Fall auf Krücken durch sein Krankenzimmer. Damit endet die Saison für den Innenverteidiger aus Frankreich so, wie sie im August begonnen hatte - mit einer Verletzung. War es damals die malade Patellasehne, die ihn wochenlang außer Gefecht setzte, hat es Delpierre jetzt noch schlimmer erwischt. Beim Sprinttraining zog er sich einen Sehnenriss unterhalb der Hüfte zu. Heute wird er operiert, anschließend fällt er mindestens vier Monate aus. "Das ist bitter für ihn, aber auch für uns", sagt der Trainer Bruno Labbadia.

 

Delpierre gehörte zu den Profis, bei denen der VfB auf eine schöne Ablösesumme hoffen konnte. Interessiert war beispielsweise der OSC Lille. Aber das ist nun hinfällig, weil keiner weiß, wann der Abwehrspieler wieder richtig auf die Beine kommt. Dieses Risiko dürfte kein Club eingehen, was die eine Seite der Geschichte ist. Die andere sieht so aus, dass der VfB wohl einen Ersatz benötigt - ohne die Aussicht zu haben, Delpierre verkaufen und dadurch Geld einnehmen zu können. "Das wird unsere Saisonplanung sicher ein bisschen verändern", sagt der Manager Fredi Bobic.

Große Investitionen sind beim VfB momentan unmöglich

Nicht betroffen ist die Verpflichtung von Ibrahima Traoré (23), die schon vor einem Jahr unter dem alten Manager Horst Heldt definitiv besiegelt wurde. Damit hatte Bobic nichts zu tun. Nun hat der Mittelfeldspieler aus Augsburg auch seinen bis 2014 datierten Vertrag unterschrieben. Traoré ist ablösefrei und der zweite Stuttgarter Neuzugang nach dem Stürmer Julian Schieber (22), der zuletzt an den 1.FC Nürnberg ausgeliehen war. Aber wie geht es auf diesem Gebiet weiter?

Fest steht, dass große Investitionen unmöglich sind, es sei denn, es gelingt, einen Spieler für einige Millionen abzugeben. Denn die Vereinsführung hat angeordnet, dass die Gehaltskosten für das Aufgebot noch einmal gesenkt werden müssen - von 56 Millionen Euro auf 50 Millionen. In der Saison 2009/10 betrug dieser Posten sogar noch 67 Millionen, aber da spielte die Mannschaft auch in der Champions League mit. Jetzt ist sie international gar nicht mehr am Start. So genügt ein kleinerer Kader. Der VfB muss abspecken.

Balance zwischen wirtschaftlichen und sportlichen Ansprüchen

Im Unterschied zu Heldt hat Bobic mit dieser Vorgabe jedoch kein Problem. Im Gegenteil, er vertritt ausdrücklich die Politik mit, die seinen Vorgänger im Sommer 2010 aus Stuttgart nach Schalke getrieben hatte. "Wir haben einen Kader, der sehr teuer ist", sagt Bobic, "deshalb müssen wir gewisse finanzielle Regeln einhalten und da ein Gleichgewicht finden."

Die Frage lautet allerdings, wie diese Balance zwischen den wirtschaftlichen Grundsätzen und den sportlichen Ansprüchen aussehen wird. Anders formuliert: was macht Bobic aus seinen Möglichkeiten? Am Ergebnis wird er gemessen - speziell vom Aufsichtsratschef Dieter Hundt, dem er zeigen muss, dass er kein Leichtgewicht und kein Lehrling ist, sondern sein Metier beherrscht. Ein Schritt in diese Richtung war im Dezember die Einstellung von Bruno Labbadia, der den VfB vor dem Abstieg gerettet hat. Hundt und manch einer seiner Kollegen aus dem Kontrollgremium hatten erhebliche Vorbehalte gegen diesen Trainer, aber Bobic setzte sich durch - und behielt recht.

Boka oder Marica wären Transfer-Kandidaten

Jetzt folgt die Nagelprobe. Um sich zu profilieren, muss der Manager ausmisten und dem Team eine ausgeprägtere Siegesmentalität verpassen. "Diese Transferperiode wird nicht einfach", sagt Bobic. Kein Geheimnis ist, dass es Spieler gibt, die der VfB ziehen lassen würde - etwa Pawel Pogrebnjak, der ein Kandidat beim Hamburger SV, dem 1. FC Köln und dem FC Fulham ist, oder Ciprian Marica oder Arthur Boka oder Khalid Boulahrouz oder Zdravko Kuzmanovic. Eine weitere Option geht jetzt dagegen für längere Zeit auf Krücken.