Ein angeblicher Rückzug, eine angebliche Fusion, ein neuer Bewerber: viel Wirbel beim VfB Stuttgart. Björn Seemann sagt, er stehe zur Verfügung.

Stuttgart - Der vermeintliche Umfaller machte einen sehr aufrechten Eindruck. Mit "großer Überraschung" hatte Björn Seemann am Dienstag in einer hiesigen Zeitung den Bericht gelesen, er wolle nicht mehr Präsident des VfB Stuttgart werden. "Wegen Aussichtslosigkeit des Unterfangens", so musste er lesen, habe er seine Kandidatur zurückgezogen. Dabei hatte er mit gar niemandem gesprochen. Und hätte man ihn danach gefragt, dann hätte Seemann ganz sicher etwas anderes gesagt.

 

Tatsache ist: der 39 Jahre alte Bankmanager würde auch weiterhin gerne VfB-Präsident werden. "Es entspricht nicht der Wahrheit, dass ich meine Kandidatur zurückgezogen habe", sagt Seemann. Er halte sich gerne an Fakten - "und Fakt ist momentan, dass eine Kandidatur von meiner Person nicht möglich ist. Dazu muss man vom Aufsichtsrat vorgeschlagen werden."

In den vergangenen Monaten hatte Seemann mit seinen Mitstreitern ein umfangreiches Konzept ausgearbeitet, wie aus seiner Sicht ein moderner Bundesligaclub zu führen sei. Nach Ablauf der Saison bewarb er sich dann offiziell beim VfB-Aufsichtsratschef Dieter Hundt um die Nachfolge von Erwin Staudt. "Trotz der Zustimmung vieler Fans zu meinem Konzept" sei er abgelehnt worden. Der Aufsichtsrat wird bei der Mitgliederversammlung am 17. Juli Gerd Mäuser als einzigen Kandidaten zur Wahl stellen. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Thema für Seemann beendet ist.

Seemann will als Alternative weiterhin zur Verfügung stehen

Er hat zwar akzeptiert, dass sich der Aufsichtsrat gegen ihn entschieden hat. Seemann will aber als Alternative weiterhin zur Verfügung stehen, sollten die Mitglieder Mäuser durchfallen lassen. "Die Mitgliederversammlung ist laut Satzung das höchste Gremium des Vereins. Man wird sehen und dann auch respektieren, wie die Mitglieder entscheiden", sagt Seemann und verweist darauf, "in den vergangenen Wochen von Fans, Mitgliedern und Sponsoren viel Zuspruch" erhalten zu haben. Bis zur Mitgliederversammlung will er sich nun nicht mehr öffentlich äußern.

In jedem Falle kommt es für Seemann auch weiterhin nicht in Frage, die Kampagne der anderen Oppositionsgruppe zu unterstützen, der "Aktion VfB 2011", die den früheren Torwart Helmut Roleder ins Präsidentenamt hieven will und auf einen Zusammenschluss gehofft hatte. Jedenfalls hatte deren Sprecher Patrick Knorr vergangene Woche zunächst erklärt, man werde gemeinsame Sache machen. Am Abend, sagte Knorr, werde offiziell verkündet, dass sich Seemann Roleder anschließen werde. An jenem Abend im Wirtshaus Rössle in Esslingen-Berkheim wurde dann jedoch nichts verkündet - zumindest keine feierliche Fusion. Roleder mühte sich stattdessen, die anwesenden Mitglieder des Fanclubs Rot-Weiße Schwaben Berkheim von seinen Ideen zu überzeugen. Und daneben saß Knorr und musste einräumen, seit Monaten nicht mit Seemann gesprochen zu haben.

Die Irritationen in der VfB-Opposition nehmen also zu. Fest steht zwar auch weiterhin, dass es unter den Fans und Mitgliedern des VfB ein großes Potenzial an Leuten gibt, die fest entschlossen sind, Gerd Mäuser die Stimme zu verweigern und die sich in der Vereinsführung einen kompletten Neuanfang wünschen. Doch lautet die Frage, ob es einem der Herausforderer gelingt, diese Fraktion der Frustrierten zu überzeugen und hinter sich zu bringen. Bislang dürfte es nur Mäuser sein, der von den Ränkespielen und der allgemeinen Verwirrung in der Opposition profitiert. Anfang Juli will der frühere Porsche-Manager mit seinem Wahlkampf beginnen und einige Fanclubs besuchen.

Die Mitgliederversammlung könnte sehr turbulent werden

Immerhin: bei den Rot-Weißen Schwaben in Berkheim, denen sich Mäuser am 14. Juli präsentiert, war Roleder früher dran und durfte erklären, wie er an die Macht zu kommen gedenkt. Mit einer Satzungsänderung soll Mäusers Wahl verhindert werden. Dreiviertel der anwesenden Mitglieder müssten dem Antrag zustimmen, dass der VfB-Präsident künftig nicht mehr vom Aufsichtsrat vorgeschlagen wird, sondern direkt von den Mitgliedern gewählt werden kann. Es werde auch, sagt Roleder, den Antrag geben, den bei vielen Fans ungeliebten Aufsichtsratschef Dieter Hundt abzuberufen. "Es gibt im Verein einen Machtzirkel, der versucht, mit allen Mitteln seine Macht zu erhalten. Das müssen wir ändern", sagt Roleder.

Das gleiche Ziel verfolgt schon seit längerer Zeit auch der frühere VfB-Geschäftsführer Thomas Weyhing. Bislang hat er mit aller Entschlossenheit Björn Seemann unterstützt - und will nun auf eigene Rechnung operieren. "Ich überlege mir zu kandidieren, falls weder Mäuser, Roleder noch Seemann gewählt werden", sagt Weyhing. Die Mitgliederversammlung, so scheint es, könnte sehr turbulent werden.