Nach der Niederlage in Hoffenheim wird die Lage am Tabellenende immer bedrohlicher – zumal keiner einen Plan zu haben scheint, wie die Wende noch gelingen soll.

Das dürfte jetzt sogar Bundesligarekord sein. Auf jeden Fall ist es ein fast unglaublicher Auftritt, den Huub Stevens in der Pressekonferenz nach der 1:2-Niederlage bei 1899 Hoffenheim hinlegt. In wohl noch nie dagewesener Kürze versucht er, zu erklären, was für ihn offenbar nicht zu erklären ist oder was er nicht erklären will – nämlich dass seine Mannschaft noch schwächer war als der schwache Gegner und weiter auf dem letzten Platz liegt. Es sind keine Sätze, die der Trainer dabei von sich gibt, sondern Bruchstücke. Er sagt: „Ich bin ganz schnell fertig – unglaublich enttäuscht, dass wir hier noch verloren haben.“ Punkt nach keinen zehn Sekunden. Stevens wäre am liebsten aufgestanden und gegangen. Noch Fragen?

 

Als danach Markus Gisdol die Ereignisse sehr ausführlich aus Hoffenheimer Sicht schildert, wirkt Stevens abwesend. Er sitzt daneben, in der Hand einen Zettel mit der Tabelle drauf – und erweckt nicht gerade den Eindruck, als habe er noch viel Hoffnung, dass die Wende gelingt. Die Ratlosigkeit steht ihm direkt ins Gesicht geschrieben. Hatte Stevens nach dem 0:2 vor einer Woche gegen Bayern noch die Endzeitstimmung beim VfB und um den VfB herum beklagt, lebt er diese Depression nun höchstpersönlich vor. So wird die Lage schlimmer und schlimmer. Und immer mehr deutet darauf hin, dass die Rettung ohne einen frischen Impuls unwahrscheinlich ist – oder sogar schon unmöglich? Aber woher soll dieser neue Reiz kommen?

VfB gibt ein trauriges Bild ab

Es ist ein trauriges Bild, das der Club in Hoffenheim abgibt. Nur ganz wenige Vertreter aus den Führungsgremien (Aufsichtsrat, Ehrenrat, Freundeskreis) sind überhaupt noch erschienen vor Ort im Kraichgau. Und sie müssen dann auch noch mitansehen, wie in Sebastian Rudy ausgerechnet ein alter VfBler in der Nachspielzeit den entscheidenden Treffer markiert. Dadurch werden sie vermutlich an die verfehlte Stuttgarter Transferpolitik in den vergangenen Jahren erinnert, die ihren Teil zu der Misere beigetragen hat. Aus den fünf Spielen zuletzt gegen Paderborn, Mönchengladbach, Köln, Bayern und Hoffenheim holte das Team gerade mal zwei Pünktchen und erzielte nur ein Tor, das eigentlich auch noch ein Eigentor war, weil Ermin Bicakcic das Schüsschen von Gotoku Sakai abfälschte. Weitere Chancen hatte der VfB nicht – ein Armutszeugnis.

Die Spieler wissen auch nicht mehr, was sie dazu sagen sollen. Außer dem Kapitän Christian Gentner und Sakai verlassen alle die Arena durch den Hinterausgang, um keine Fragen der Reporter beantworten zu müssen. Dabei wäre es doch sehr interessant gewesen, zu erfahren, wie beispielsweise Martin Harnik seine vielen technischen Mängel verteidigt hätte. Oder was Adam Hlousek dazu eingefallen wäre, dass er oft nur neben seinem Gegenspieler hergelaufen ist. Oder wie Oriol Romeu sein zögerliches Zweikampfverhalten vor dem 1:2 bewertet hätte. Stellvertretend für alle sagt Gentner: „Uns ist klar, dass es jetzt unruhig werden kann, aber dann müssen wir eben noch enger zusammenrücken.“ Noch enger? Zumindest läuft Gentner nicht davon.

Hat Dutt eine Idee für die Rettung?

Nachdem sich der neue Sportvorstand Robin Dutt am Samstag wie die allermeisten Profis kommentarlos in den Mannschaftsbus zurückgezogen hat, stellt er sich 18 Stunden später vor dem Clubhaus auf dem Wasen. Eine wirkliche Idee, was nun zu tun ist, hat er aber auch nicht. „Es geht nicht darum, welche Worte man findet, sondern darum, welches Selbstverständnis ein Spieler hat“, sagt er. Das könnte heißen, dass er gewisse Zweifel an der Einstellung mancher Profis im Kader hat, aber Konsequenzen gibt es vorläufig nicht.

So geht alles weiter seinen Gang. Auch Dutt hat seit seinem Amtsantritt am 6. Januar bisher nicht für den dringend benötigten neuen Akzent und für einen neuen Geist gesorgt – im Gegensatz zu Rolf Rüssmann, der im Februar 2001 in einer für den VfB ähnlich bedrohlichen Phase als Manager eingestiegen ist und mit couragierten verbalen Vorstößen in der Öffentlichkeit sofort signalisierte, dass jetzt ein anderer Wind weht. Am Ende der Saison hatte die Mannschaft den Klassenverbleib geschafft.

Am Samstag in Hoffenheim zeigt jedoch keiner Flagge. Stevens empfindet nach seiner knapp zehn Sekunden dauernden Stellungnahme jeden weiteren Redebeitrag allem Anschein nach sogar als üble Beleidigung und als Provokation. „So, so, Sie können das also verstehen“, entgegnet er einem Reporter, der zuvor eingeräumt hatte, dass er Verständnis für die Enttäuschung des Trainers aufbringt. So geht das in einem fort – was die wenigen anwesenden Mitglieder der Vereinsführung in den Vip-Räumen der Arena, wohin die Pressekonferenz übertragen wird, ziemlich irritiert zur Kenntnis nehmen.

„Haben Sie einen Rat für mich?“, gibt Stevens einem anderen mit auf den Weg, der sich erkundigte, wie der Trainer die vor der Partie am Freitag gegen Dortmund zu leistende mentale Aufbauarbeit anpackt. Gentner ist gelbgesperrt. „Die Mannschaft hat eine Supereinstellung gezeigt. Ich kann den Jungs nichts vorwerfen“, sagt Stevens zum Schluss: „War die Antwort jetzt gut?“

Noch Fragen? „Der neue Impuls muss ein Sieg sein“, sagt Dutt.