Nach acht Monaten findet der VfB in dem bosnischen Nationalspieler einen Innenverteidiger, der an diesem Samstag bei Hertha BSC sein Debüt feiern soll.

Stuttgart - Natürlich hat der VfB Stuttgart jetzt keinen Spieler verpflichtet, den es gar nicht gibt. Zwar erklärte Robin Dutt kürzlich noch, dass er wochenlang durch Europa gefahren sei, ohne einen besseren Innenverteidiger zu entdecken als Adam Hlousek – und einen schlechteren zu holen, komme nicht in Frage. Doch das war nur eine taktische Aussage des Managers, in der Hoffnung, dadurch ein bisschen Druck aus seiner Suche nach einem Abwehrchef zu nehmen. Es gibt bessere Innenverteidiger als Hlousek. Dutt hat es gewusst und inzwischen auch einen präsentiert, der seinem Anspruch genügt und den Tschechen verdrängen könnte: Toni Sunjic (26) von Kuban Krasnodar aus Russland.

 

Der bosnische Nationalspieler tritt die Nachfolge des zum AS Rom abgewanderten deutschen Nationalspielers Antonio Rüdiger (22) an und dürfte an diesem Samstag bei Hertha BSC seinen Einstand feiern. Vor der Station bei Kuban stand Sunjic in Mostar (Bosnien-Herzegowina), Kortrijk (Belgien) und bei Sorja Luhansk (Ukraine) unter Vertrag. Für den WM-Teilnehmer von 2014, der beim VfB bis 2018 unterschrieben hat, wird eine Ablöse von drei Millionen Euro fällig. Es ist das Ende eines Prozesses, der sich acht Monate hingezogen hat, und über den Dutt heute sagt: „Das war eine schwierige Zeit.“

Geringes finanzielles Risiko

Schon im Januar bei seinem Amtsantritt in Stuttgart war klar, dass der Transfer eines Innenverteidigers ganz oben auf der Liste angesiedelt ist. Zumal Rüdiger bereits zu diesem Zeitpunkt angekündigt hatte, den Verein nach der Saison zu verlassen. So begann ein Poker, wobei eine Partei die Chance hatte, ihre Karten schnell auf den Tisch zu legen – der VfB. Er hatte im Winter engen Kontakt zu Héctor Moreno (27) von Espanyol Barcelona. Der mexikanische Nationalspieler ist den Verantwortlichen in Stuttgart wärmstens ans Herz gelegt worden – von seinem Landsmann Pavel Pardo, einem VfB-Meisterspieler von 2007 .

Eine Einigung schien Formsache. Die Ablöse sollte 4,5 Millionen Euro betragen. Dabei wäre das finanzielle Risiko für den VfB eher gering gewesen, weil Moreno in seiner Heimat einen hervorragenden Ruf besitzt. Selbst wenn er in der Bundesliga die Erwartungen nicht erfüllt hätte, wäre ein millionenschwerer Weiterverkauf an einen reichen Club in Mexiko sicher leicht möglich gewesen. Trotzdem kamen dem VfB dann Bedenken. Erstens hatte Moreno hohe Gehaltsforderungen, und zweitens ist er mit 1,84 Metern relativ klein für einen Innenverteidiger. Zudem war er schon ein Kandidat des alten Managements mit Fredi Bobic – und das neue Management mit Robin Dutt wollte eigene Akzente setzen. So wechselte Moreno nicht nach Stuttgart, sondern für 4,8 Millionen zum niederländischen Meister PSV Eindhoven.

Dutt hatte damit im Frühling eine Option weniger – und das Problem, dass die Personalie Rüdiger nach wie vor in der Schwebe war. Der VfB verlangte eine Ablöse von 18 Millionen Euro, was Interessenten wie Wolfsburg, Atlético Madrid, Porto und Chelsea abschreckte. Dann verletzte sich Rüdiger im Juli noch und musste am Knie operiert werden – ebenfalls ein Hindernis bei dem geplanten Abgang. Aber Dutt brauchte das Geld für diesen Spieler, um selbst tätig werden zu können.

Überhitzter Markt

Dennoch nahm der VfB einige Anwärter ins Visier, vor allem den zuletzt von Cagliari Calcio an den AS Rom ausgeliehenen Davide Astori (28) und Kalidou Koulibaly (24) vom SSC Neapel. Den beiden Profis aus der Serie A wurden Offerten unterbreitet, die sie abgelehnt haben. Weder sportlich noch wirtschaftlich war der VfB für sie attraktiv genug. Astori entschied sich für den AC Florenz und spielt demnächst wie Koulibaly im Europapokal.

Unterdessen stockte der Transfer von Rüdiger weiter, bis zum 17. August, als der AS Rom den Zuschlag erhielt – für eine einjährige Leihgebühr von vier Millionen Euro. Im Sommer 2016 kassiert der VfB noch mal neun Millionen, aber das hat im Sommer 2015 nicht geholfen. Der Club benötigte Ersatz. „Der Markt war bei den Innenverteidigern total überhitzt“, sagt Dutt. Ständig wurden ihm Kandidaten angeboten – zu Mondpreisen, was ihn zu dem Satz veranlasste, wonach er in ganz Europa keinen besseren Innenverteidiger als Hlousek gesehen hat. Aber jetzt ist ja Sunjic da.