Der VfB Stuttgart bereitet sich im Trainingslager auf den Saisonstart vor. Im Interview spricht Trainer Jos Luhukay über die Baustellen im Kader – und dämpft die Aufstiegshoffnungen der Fans.

Grassau - Trainingslager, das bedeutet harte Arbeit – auch für den neuen Coach des Fußball-Zweitligisten VfB Stuttgart. Zwischen zwei Einheiten nimmt sich Jos Luhukay eine dreiviertel Stunde Zeit für das Gespräch, ehe er zurück auf den Platz eilt: „Wir haben noch viel vor.“

 
Herr Luhukay, es fällt auf, dass sie Ihre Spieler fast nur mit dem Ball arbeiten lassen. Ein eher ungewöhnlicher Ansatz zum jetzigen Standpunkt der Vorbereitung, oder?
Finden Sie? Unser Gedanke dahinter ist auch, die vielen neuen Spieler möglichst schnell kennenzulernen. Das geht nun einmal am Besten, indem wir sie vor allem das machen lassen, was ihre eigentliche Aufgabe ist: Fußballspielen.
Kondition, Taktik, Einzelgespräche sind also erst einmal zweitrangig?
So würde ich das nicht sagen. Unser Trainingsablauf ist eine komplexe Angelegenheit. Wir haben viele Spezialisten, die alles aufzeichnen und täglich auswerten. Die anderen Basics kommen nicht zu kurz. Aber es stimmt grundsätzlich schon: Ich lege viel Wert auf die Arbeit mit dem Ball. Ein reines Lauftrainingslager entspricht nicht meiner Philosophie. Ich will die Jungs möglichst schnell als Fußballer weiterentwickeln.
Ihr neuer Sportvorstand Jan Schindelmeiser hat Zweifel an der Aufstiegstauglichkeit des aktuellen Kaders angemeldet. Gehen Sie d’accord mit ihm?
Ich hatte ja auch schon gesagt, dass wir uns noch verstärken müssen.
In welchen Bereichen?
Prinzipiell in allen. Vor allem in der Offensive müssen wir uns noch verstärken. Uns ist allen bewusst, dass der Verein in Daniel Didavi, Martin Harnik, Timo Werner und womöglich bald auch noch Filip Kostic sehr viel Qualität verloren hat.
Bekommen Sie denn nicht langsam Bauchschmerzen? Die Liga startet in weniger als drei Wochen.
Es ist ja nicht so, dass wir unseren Kader bis zum ersten Spieltag komplett zusammen haben müssen. Zeit für Neuverpflichtungen ist noch bis Ende August, auch wenn ich die lange Öffnung des Transferfensters für verkehrt halte. Aber das ist ein anderes Thema. Fakt ist, dass sich uns in den nächsten Wochen noch genügend Möglichkeiten bieten, Spieler zu holen, die in der Bundesliga vielleicht nicht zum Zuge kommen.
Restekauf – klingt nicht vielversprechend.
Wir sind in die zweite Liga abgestiegen, da stehen die Spieler nicht Schlange. Zumindest nicht diejenigen mit einer gewissen Qualität, von denen wir hoffen, dass sie uns sportlich weiterbringen. Wir machen jedenfalls keine Schnellschüsse.
Wenn Sie die Situation nach dem Abstieg mit Ihren vorherigen Stationen vergleichen – wie steht der VfB Stuttgart da?
So eine Situation habe ich in dieser Form noch nicht erlebt. Die Umwälzungen im Verein, dazu die vielen Spieler, die uns verlassen haben. Sportlich ist die Situation, die ich hier angetroffen habe, sicherlich eine der schwierigsten meiner Trainerkarriere.
Damit verpassen sie den Aufstiegshoffnungen der VfB-Fans aber einen Dämpfer.
Wir müssen realistisch sein. Aber wir haben trotzdem gute Chancen in die Bundesliga aufzusteigen. Auch wenn es kein Selbstläufer wird.
Mit welchen Gefühlen blicken Sie dem Rundenstart gegen den FC St. Pauli entgegen: Mit Bangen – oder voller Vorfreude?
Nur mit Vorfreude! Nach den fantastischen Verkaufszahlen bei den Dauerkarten rechne ich mit einer sehr gut besuchten Mercedes-Benz-Arena. Für mich gibt es nichts Schöneres als in ein volles Stadion einzulaufen. Ich werde es auf alle Fälle genießen.