Ressortchefin Stefanie Zenke hat in der Reihe „Stuttgarter Zeitung direkt“ über die Möglichkeiten des modernen Multimedia-Journalismus’ gesprochen.

Stuttgart - Nur etwas länger als ein Mittelklassewagen! Und dennoch bewegt ein Flugzeugschlepper über 200 Tonnen. Der größte seiner Art wird von Ostfildern aus in die Welt exportiert. Darüber berichteten die Redakteure des Ressorts Multimedia-Reportage der Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten im Internet – als Quiz mit Text, Fotos, Video, animierter Illustration, um die beeindruckenden Größenverhältnisse zu verdeutlichen.

 

Neue Wege der Berichterstattung

Dieses Thema war nur eines von vielen, auf dessen Spur sich die Reporter dieser besonderen Online-Redaktion bisher begaben. Das Ressort Multimedia-Reportage ist noch jung: 2016 wurde es von der Gemeinschaftsredaktion eingerichtet, um in Zeiten, in denen immer mehr Menschen, vor allem jüngere, sich ihre News mit mobilen Endgeräten holen, neue Wege der Berichterstattung, des Storytelling, zu gehen.

Geschichten einmal anders erzählen

Wie moderner Multimedia-Journalismus funktioniert, darüber sprach Ressortleiterin Stefanie Zenke im VHS-Pressecafé der Reihe „Stuttgarter Zeitung direkt“. „Wir, sechs Schreiber aus dem Printbereich, haben uns in die Onlinewelt eingearbeitet“, so Zenke im gut besuchten Robert-Bosch-Saal des Treffpunkt Rotebühlplatz. Zwei Videoredakteure produzierten Bewegtbild, ein Programmierer entwickle Tools und Programme, um Geschichten anders erzählen zu können – sei es mit Audio-Slides (animierten Bilderstrecken), Videos, interaktiven Grafiken oder Karten.

Inspiration durch die Konferenz

Wie kommen die Multimedia-Reporter zu ihren Themen? Zenke und ihr Team sitzen nicht im Newsroom, der Nachrichtenzentrale der Redaktion, sondern in einer anderen Etage, sie müssen nicht tagesaktuell arbeiten. Aber sie besucht die Redaktionskonferenzen, in denen die Zeitungen und das aktuelle Online-Angebot geplant wird. „Ich überlege mir dann mit den Fachredakteuren der Politik, des Sports oder anderen Ressorts, ob es zu ihren Themen noch andere Ansätze gibt. Je nach Aufwand kann eine Geschichte in einer Woche fertig sein, aber auch mal vier Wochen dauern.“

Fiebermessen an der A 81

So nahmen die Multimedia-Reporter das Thema Gerberviertel auf, über dessen Bau in beiden Blättern berichtet wurde, und drehten es weiter – mit Videos (etwa über eine Apothekerin, die von der Gegnerin zur Verfechterin des Komplexes wurde) und mit animierten Bilderstrecken, die Vorher-Nachher-Situationen zeigten. „Wir erzählen die Geschichten und Fakten am Menschen.“ Zu den Landtagswahlen ließ Zenke für das Stück „Fiebermessen im Land“ Geschichten aus sechs Gemeinden entlang der A 81 zusammengetragen. Dann wieder begleiteten das Team Störche – dank der Chips von Max-Planck-Forschern und Korrespondenten – ein Jahr lang nach Nordafrika und zurück. Für eine Thermomix-Story ging eine Reporterin nicht nur zu einer der Partys, bei der die Multifunktions-Küchenmaschine angeboten wird. Sie kochte selbst zehn Tage zuhause damit und filmte sich dabei mit dem Smartphone.

Mit der 360-Grad-Kamera alles im Blick

Um den Aufzugtestturm von Thyssen in Rottweil kreiste eine Drohne. „Wir haben auch eine 360-Grad-Kamera“, so Zenke. Eingesetzt bei einer Bunker-Reportage konnten sich die Online-Leser danach virtuell durch die Katakomben Stuttgarts bewegen. Dank des interaktiven Feinstaubradars, bei dem die Daten von 300 Messgeräten in die Redaktion fließen, wissen Online-Leser über eine interaktive Grafik, wann die Luft wo am dicksten ist. Ein Rechner, programmiert mit Textbausteinen, schreibt dazu Meldungen. „Wir machen Datenjournalismus, bereiten Fakten statistischer Ämter auf – dahinter stecken viele Geschichten“, so Zenke und fügte schmunzelnd hinzu: „Mit dem Rechner schaffen wir uns nicht ab – 150 Texte zum Wetter am Tag könnten wir nicht leisten.“ Und dann: „Schreiben Sie uns, welche Themen sie als Multimedia-Reportage interessieren.“