Im Münchner Tatort „Wüstensohn“ wird geballert, gerast und ein Dromedar schleicht durch den Garten. Ja, das kann man machen. Aber die Zuschauer sollten keinen ernsthaften politischen Fernsehkrimi erwarten. Ob’s wenigstens lustig wird?

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

München - Wer für den Winter einen Ausflug in irgendein arabisches Emirat gebucht hat, darf den Münchner Tatort „Wüstensohn“ (20.15, ARD und in der Mediathek) als Vorbereitung oder für ein wenig Vorfreude nutzen. Darin wird nicht nur süßer Tee getrunken, man kriegt auch eine Idee von arabischem Überfluss und von arabischer Gastfreundschaft. Und sogar ein Dromedar läuft durch den Garten des Konsulats, das als Vertretung des Fantasieemirats Kumar beim Freistaat Bayern dient.

 

Wenn da nur nicht die Korruption wäre, die Handfeuerwaffen und die ganze Gewalt! Denn zwischen Kumar und Bayern, respektive den Vertretern dieser beiden Länder, laufen windige Geschäfte, die mit einer Wüsten-U-Bahn zu tun haben. Das klingt skurril, ist es auch, und verortet diesen Tatort eher im Märchenreich von 1001 Nacht. Ernsthaft politische Themen werden hier jedenfalls nicht verhandelt.

Das macht aber nichts, zumindest wenn man den Flug nach Dubai schon reserviert hat oder auf Fernsehkrimis steht, bei denen die Dialoge lauter kleine Witze enthalten. Man darf sich also auf überzeichnete Figuren freuen (wobei Wilson Gonzales Ochsenknecht alias Henk am überzeichnetsten ist), auf schnelle Autos und ganz viel Testosteron.

Leitmayr und Batic ermitteln gegen die weitgehend geschützten „Diplomaten“ des Fantasieemirats wie gewohnt mit Bauernschläue und dem Geschick der erfahrenen Hauptkommissare. Sie bestellen im Nachtclub souverän einen Espresso und zeigen, wie heutzutage die peinliche Befragung eines Staatssekretärs auszusehen hat. Am Ende bleiben von diesem Fernsehkrimi manches Klischee, ein seltsamer Name für einen arabischen Staat und ein noch seltsameres U-Bahn-Projekt in Erinnerung. Ach ja, und das Dromedar natürlich.

Der Tatort „Wüstensohn“ im Kurzcheck

Schönste Krimifloskel: „Wenn ich dort gewesen wäre, ich betone: wenn, dann wäre es wahrscheinlich um die Auftragsvergabe für die U-Bahn in Kumar gegangen.“ – Staatssekretär Günter Baum (Philipp Moog) steckt in der Zwickmühle und gibt entsprechend eine ziemlich bedrängte Antwort.

Heimliche Stilikone: Wilson Gonzales Ochsenknecht alias Henk, ganz der Vater und gleichermaßen geübt im Umgang mit Maschinengewehren und Kokain.

Gefühlter Moment, in dem der Fall gelöst ist: Wenn der umtriebige Assistent Kalli Hammermann im Handumdrehen jedes Computerpasswort knackt, weiß man: auch diesem Mörder kommen Leitmayr und Batic auf die Schliche.