Das Verkehrsministerium verständigt sich auf erste Konsequenzen aus dem Volkswagen-Abgasskandal. Der Bund will staatliche Prüfstände einrichten. Die Autobauer sollen zudem dem Kraftfahrt-Bundesamt künftig ihre Motorsoftware offenlegen.

Berlin - Das Bundesverkehrsministerium hat erste Maßnahmen beschlossen, mit denen Lehren aus dem VW-Skandal gezogen werden. Wie das Ministerium mitteilte, sollen die Kontrollen beim Zulassungsverfahren von Neuwagen verschärft werden. Die von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) berufene Untersuchungskommission legte sich auf eine Reihe von Änderungen fest, die Teil des Aktionsplans sind. Dazu gehört, dass es staatliche Prüfstände geben soll, auf denen die Abgaswerte von Neuwagen stichprobenartig nachgeprüft werden. Ob das Bundesverkehrsministerium dazu eigene Prüfstellen aufbaut oder diese Aufgabe dem Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg überträgt, ist noch nicht entschieden. Klar sei aber, dass keine neue Prüfbehörde entstehen soll. Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung will der Minister das Maßnahmenpaket bis Ende März vorstellen.

 

Schon bislang kontrolliert das Bundesamt zum Beispiel die Abgasemissionen stichprobenartig. Zwischen 2010 und 2015 wurden vom Bundesamt rund 1000 Prüfungen vorgenommen. Dabei wurden die Manipulationen der Software bei Volkswagen allerdings nicht entdeckt. Dies hatte zu Kritik an der Behörde geführt.

Autobauer sollen Prüfdienste regelmäßig wechseln

Um falsche Angaben zu verhindern, sollen die Autohersteller künftig verpflichtet werden, dem Kraftfahrt-Bundesamt die Motorsoftware offenzulegen. Damit würden Abschaltvorrichtungen erkannt, die bei den Abgastests auf Prüfständen zu niedrigeren Verbrauchs- und Emissionswerten führen, hieß es in Berlin.

Darüber hinaus ist vorgesehen, dass es bei den Technischen Prüfdiensten, die bei den Autoherstellern die Einhaltung der Grenzwerte kontrollieren, zu einem regelmäßigen Wechsel kommt. Es wird die Verpflichtung geben, dass die Automobilhersteller den Prüfdienst von Zeit zu Zeit austauschen. Damit soll verhindert werden, dass zwischen Sachverständigenorganisationen und Herstellern eine zu große Nähe entsteht. Ähnliche Vorschriften gibt es etwa im Unternehmensrecht. So müssen beispielsweise börsennotierte Unternehmen den Wirtschaftsprüfer regelmäßig wechseln.

Mit dieser Entscheidung will Verkehrsminister Dobrindt mehr Wettbewerb bei den Prüfdiensten schaffen. Zwischen Dobrindt und dem Tüv-Nord war es im vergangenen Herbst zum Streit gekommen. Der Tüv-Nord warf der Regierung vor, sie habe auf Drängen der Automobilindustrie verhindert, die Motorsoftware in Augenschein zu nehmen. Der Verkehrsminister steht dagegen auf dem Standpunkt, die Prüfdienste hätten die Manipulationen entdecken müssen.

Aufbau einer Schlichtungsstelle in Rede

Eine klare Absage erteilte das Verkehrsministerium Überlegungen von Justiz- und Verbraucherschutzminister Heiko Maas (SPD), der angeregt hatte, eine weitere Bundesbehörde mit der Kontrolle der Abgaswerte zu betrauen. Das Umweltbundesamt solle das Flensburger Kraftfahrt-Bundesamt bei den Kfz-Tests unterstützen. Davon erhofft sich das Justiz- und Verbraucherschutzressort mehr Durchsetzungskraft gegenüber der Automobilindustrie. Diese Überlegungen spielten jedoch keine Rolle, erklärte das Verkehrsministerium. Offenbar findet zwischen beiden Häusern auch ein Gerangel um Zuständigkeiten statt.

Das Justiz- und Verbraucherschutzministerium denkt außerdem über den Aufbau einer Schlichtungsstelle nach. Diese Einrichtung soll Beschwerden von Kunden bei Neuwagenkäufen außergerichtlich beilegen. In der Regierung bestehen auch Meinungsverschiedenheiten zur Frage, ob VW-Kunden in Deutschland Recht auf Schadenersatz haben. Justizminister Maas hatte gefordert, deutsche und amerikanische Kunden müssten gleichbehandelt werden. In den USA sollen betrogene VW-Kunden zusätzlich zur Behebung des Fehlers einen Einkaufsgutschein von 1000 Dollar (925 Euro) erhalten. Bis jetzt bietet VW nur amerikanischen Kunden eine Geldleistung. Ob die deutsche Politik Druck auf VW ausüben kann, damit der Hersteller deutschen Kunden Schadenersatz leistet, ist rechtlich umstritten. Ein Sprecher des Justiz- und Verbraucherschutzministeriums erklärte, die betroffenen Kunden müssten sich an Gerichte wenden.

Die Umweltschutzorganisation Deutsche Umwelthilfe kündigte unterdessen an, das Kraftfahrt-Bundesamt zu verklagen. Mehr als drei Monate nach dem amtlichen Rückruf betroffener Dieselfahrzeuge in Deutschland habe das Kraftfahrt-Bundesamt wichtige Informationen zur Rückrufaktion noch nicht mitgeteilt.