Vizekanzler Sigmar Gabriel wollte als Wirtschaftsminister die Rüstungsexporte reduzieren – dies hatte er bei Amtsantritt versprochen. Jetzt steigen die Ausfuhrzahlen. Der SPD-Chef sieht sich dennoch auf dem richtigen Weg.

Berlin - Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hatte zu Beginn seiner Amtszeit vor gut zwei Jahren eine restriktivere Genehmigung von Rüstungsexporten angekündigt. Die neuesten Zahlen für 2015 lassen anderes vermuten, was Gabriel dazu bewog, kurzfristig eine „Halbzeitbilanz“ der Exportpolitik vorzulegen.

 

Den Umstand, dass die Bundesregierung 2015 wieder deutlich mehr Rüstungsexporte genehmigt hat, führt Gabriel auf mehrere Sonderfaktoren zurück. Das Gesamtvolumen lag 2015 bei 7,5 Milliarden Euro. Voriges Jahr hatte sich Gabriel noch dafür feiern lassen, dass 2014, im ersten Jahr seiner Amtszeit, die Zahl der genehmigten Ausfuhren von rund 5,9 Milliarden im Jahr 2013 auf knapp vier Milliarden Euro gesunken war.

Zwei Großprojekte für Zuwachs verantwortlich

Gabriel sieht in der Entwicklung keinen Widerspruch zu seinen ursprünglichen Versprechen, denn in die Summe flössen zwei Großprojekte mit einem Gesamtwert von 1,6 Milliarden Euro ein, die aus seiner Sicht unproblematisch seien, die Summe aber extrem nach oben treiben würden: vier Tankflugzeuge an den Nato-Partner Großbritannien (1,1 Milliarden Euro) und Lenkflugkörper an Südkorea (500 Millionen Euro). Auch sei es ihm nicht gelungen, einen von der schwarz-gelben Vorgängerregierung vereinbarten Panzerdeal mit Katar im Wert von 1,6 Milliarden Euro rückgängig zu machen. Die Ausfuhrgenehmigung habe er gegen seine Überzeugung im vergangenen Jahr erteilen müssen, weil der Bundessicherheitsrat seine ablehnende Haltung nicht geteilt habe.

In dem Geheimgremium beraten neben der Kanzlerin und dem Wirtschaftsminister noch sieben weitere Minister. Gabriel deutete an, dass die unionsgeführten Ressorts im Bundessicherheitsrat, die im schwarz-gelben Kabinett für das Katargeschäft gestimmt hatten, ihre Zustimmung nicht mehr zurückziehen wollten. Dies sei, so Gabriel, auch ein Grund dafür, die gesetzlichen Grundlagen der Genehmigung auf den Prüfstand zu stellen. Im Frühsommer will er eine Expertenkommission benennen, die klare Regeln erarbeiten soll.

Schwieriges Erbe von der alten Regierung

Ziehe man die beiden außergewöhnlich teuren Einzelprojekte und das ihm angeblich aufgezwungene Katar-Geschäft ab, liege man laut Gabriel mit 4,3 Milliarden Euro in etwa auf dem Niveau des Jahres 2014. Gabriel räumte gleichwohl ein, dass seine Halbzeitbilanz „Licht und Schatten“ aufweise. So habe er sich beim Koalitionspartner mit seinen Forderungen nach strengen Kontrollen des Verbleibs von Waffen nicht gänzlich durchsetzen können. Zwar werden vom 1. März an deutsche Beamte in den Empfängerländern in gewissen Zeitabständen kontrollieren, wo die Waffen landen, aber die Union habe auf den Zusatz bestanden, dass dadurch „nicht die Wettbewerbsfähigkeit“ der deutschen Rüstungsindustrie gefährdet werden dürfe. Gabriel will im Rahmen der mit der Union vereinbarten Überprüfung der Regelung in zwei Jahren darauf achten, ob mit diesem Argument Kontrollversuche sabotiert werden.

Weniger Ausfuhren in die Drittländer

Der Wirtschaftsminister will vor allem in zwei Bereichen vorankommen. Zum einen will er die Genehmigungen für sogenannte Drittländer zurückfahren. Das sind Länder, die nicht Nato-Partner, der Nato gleichgestellt (Australien, Neuseeland, Japan, Schweiz) oder Mitglieder der EU sind. Ein solcher Kurs beträfe auch die besonders umstrittenen Lieferungen nach Saudi-Arabien, die 2015 noch 378 Millionen Euro ausmachten.

Die Drosselung des Exports der in Bürgerkriegen besonders gefragten Kleinwaffen ist sein zweites Hauptziel. Dabei sei er schon vorangekommen. So sei der Export von Kleinwaffen in Drittländer von 42 Millionen Euro (2013) auf knapp 16 Millionen Euro (2015) zurückgegangen. Auch an Verbündete werde weniger geliefert. 2014 betrug das Volumen 47 Millionen Euro, 2015 waren es noch 33,9 Millionen.