Er hat Ihnen immerhin zugleich ein Gesprächsangebot gemacht. Werden Sie sein Angebot annehmen?
Ja. Das ist das Positive in diesen Aussagen. Ich halte fest, der zuständige Minister hat erkannt, es gibt im Raum Ditzingen und Gerlingen ein Verkehrsproblem. Er signalisiert uns verbrieft, dass er uns bei der Suche nach der Lösung unterstützt. Von diesem Angebot machen wir Gebrauch.
Auch unter den Bürgern gibt es Kritiker der Thales-Ansiedlung. Sie finden nicht nur das Gebäude hässlich, sie werfen Ihnen vor, die identitätsstiftende Kulturlandschaft unwiederbringlich zu zerstören.
Architektur ist immer strittig. Auf sechs Hektar Grund sind bis zu 1800 Arbeitsplätze entstanden. Das ist sehr dicht, und man hätte das Gebäude auch halb so groß auf zwölf Hektar errichten können. Aber wenn wir schon in unserem hochverdichteten Raum wertvolle Fläche zu Verfügung stellen, muss es effizient sein. Doch was effizient ist, sieht nicht unbedingt schön aus. Insoweit stelle ich mich gerne der Kritik.
Aber nochmals: zugleich wird identitätsstiftende Kulturlandschaft zunichtegemacht.
Ja. Aber wovon lebt die Region Stuttgart? Sie lebt von der Wertschöpfung der Wirtschaft. Keiner will zurück zu einer landwirtschaftlichen Selbstversorgerkommune. Das ist nicht der Weg. Wir sind landwirtschaftlich geprägt, deshalb war das eine schwierige Abwägung. Aber es gibt keine Flächenausweisung im Strohgäu, die nicht zu Lasten landwirtschaftlichen Bodens geht – weder Wohnungsbau noch Gewerbe. Daraus den Schluss zu ziehen, es gebe keine bauliche Entwicklung mehr im Strohgäu, ist sehr weitgehend. Ich teile diese Auffassung nicht. Die Menschen wollen zu uns, weil sie hier Arbeit finden, und ohne Arbeit kein Einkommen. Das schafft zum einen unseren Wohlstand und fordert uns andererseits aber auch das eine oder andere Opfer ab.
Aber doch nicht grenzenlos.
Es gibt schon lange kein grenzenloses Wachstum mehr in der Region Stuttgart. Regionale Grünzüge, Landschaftsschutzgebiete, Wasserschutz- und Überschwemmungsgebiete sind die unsichtbaren Stadtmauern der Gegenwart. Wir bewegen uns mit allen Flächenausweisungen tief innerhalb dessen, was uns dabei als Spielraum bleibt. Vom grenzenlosen Wachstum haben wir uns mit unserem Flächennutzungsplan bereits 1999 verabschiedet. Unsere Diskussion bewegt sich weit hinter diesen Grenzen. Und da muss sie erlaubt sein.
Auch ein Flächennutzungsplan lässt sich bei Bedarf ändern.
Natürlich, ein Plan gibt immer einen aktuellen Stand wieder. Doch die Diskussionsrichtung in der Region ist diesbezüglich eher restriktiv. Zwischen Bietigheim-Bissingen und Ditzingen wird aktuell Ersatz für ein geplantes, aber nicht realisierbares regionales Gewerbegebiet gesucht. Wohlgemerkt: Ersatz, nicht zusätzlich! In der Bürgerbeteiligung ist die Skepsis trotzdem groß gegenüber dieser Planung. Ich mache mir deshalb ein wenig Sorgen um die Zukunft der Region. Reicht es uns, wenn wir die Quelle der Pendlerströme sind, nicht mehr deren Ziel, und dafür haben wir dann aber Erholungsfläche? Ein Wirtschaftsstandort hätte mit einer solchen Haltung ein massives Problem. Es ist deshalb nicht alles falsch, was vorgebracht wird, aber man muss es eben auch von der anderen Seite beleuchten.
Zurück in die Stadt. Finanziell steht die nächste Zeit unter keinem allzu guten Stern.
Wir kommen in Jahre, die ihre eigene Herausforderung haben. Wir müssen vermehrt investieren, weil unsere Gebäude ins Alter kommen und die Anforderungen an Bildungs- und Betreuungseinrichtungen steigen. Wir werden uns von der Nullverschuldung verabschieden müssen. Das ist für mich aber keine Ikone, die man vor sich herträgt. Es ist schön, das zu haben. Aber Bildung und Betreuung bedeuten Zukunft.