Aber auf McAllister lässt im Hangar 5 niemand etwas kommen, er ist der Star, er ist populär. „Er hat so eine prägnante, starke Stimme. Er strahlt Ruhe aus“, lobt die 30-jährige Alexandra Bruhns, ein CDU-Mitglied. Da ist es wieder, das Bild vom idealen Schwiegersohn, dem smarten Politiker. Anders als die SPD erhielt McAllister Rückenwind von der Bundes-Partei. Dass er „Merkels Mac“ sei, damit kokettiert er sogar öffentlich. Siebenmal war die Kanzlerin im Wahlkampf für McAllister aufgetreten. Ein fleißiger Einsatz für ihren Getreuen, der einst ihr Angebot ausgeschlagen hatte, CDU-Generalsekretär zu werden.

 

Merkel kann Säle füllen: bis zu 4000 Leute kamen zu ihren Veranstaltungen – als Hannelore Kraft auftrat – ohne Steinbrück – da kamen 2000. Loyal, bodenständig, mit einer Liebe für die Provinz ausgestattet, die Talkshows meidend und selbst lachend, als er mit einem Boot im Bad Zwischenahner Meer kenterte – so hat McAllister eigentlich hohe Popularitätswerte im Lande erreicht. Umso erstaunlicher sein Absturz nun. Da ist einerseits der Stimmenverleih an die FDP, aber da weisen auch zwei RCDS-Studenten daraufhin, dass die CDU Stimmen an die Grünen verloren haben könnte. „Bei Massentierhaltung und Studiengebühren waren die besser aufgestellt“, sagt Christoph Elsner (21) , der aus Sympathie zum Halbschotten McAllister einen Schlips im Schottenkaro trägt.

McAllisters moderater Stil findet Anerkennung

McAllister hat im Wahlkampf einen moderaten Stil verfolgt. Sein streng niedersächsische Interessen vertretender Kurs in der Gorlebenfrage, seine Konsenssuche in der Bildungspolitik, die Verpflichtung des Innenministers Uwe Schünemann (CDU) auf „Menschlichkeit“ bei der Abschiebepolitik – all dies weichte die politischen Fronten auf. Ein überaus harmonisches Verhältnis zum Koalitionspartner FDP kommt hinzu: der gebeutelten Landes-FDP stattete er bei ihrem kleinen Parteitag in Verden einen Besuch ab. Aber reicht das alles aus für eine schwarz-gelbe Mehrheit? Um 21 Uhr weiß das noch keiner. Da tritt die türkisch-stämmige CDU-Ministerin für Integration, Aygül Özkan, im Hangar 5 ans Rednerpult und ruft: „Ich bin zufrieden und zuversichtlich, aber das Rennen ist offen.“ Ein heftiger Applaus setzt bei der CDU ein, als verkündet wird, dass Doris Schröder-Köpf, Gattin des Altkanzlers Gerhard Schröder, im Wahlkreis 24 das Direktmandat verpasst hat.

Nur eine Partei ist im Dauerjubel: die FDP. „Unser Lokal für die Wahlparty ist viel zu klein“, klagte der Generalsekretär Gero Hocker. Wie 2008 hatten die Liberalen die Eckkneipe Bar Celona an der Marktkirche gemietet – mit ihren 100 Plätzen war sie völlig überlaufen, Kamerateams standen Schlange. Und hier war kurz nach 18 Uhr der größte Jubel ausgebrochen – mit einem Wiedereinzug ins Parlament hatten viele gerechnet – solch einen Siegeszug aber hatte niemand erwartet: „Wir hatten Umfragewerte von drei Prozent, jetzt liegen wir beim Dreifachen. Das ist exzellent!“ begeisterte sich Frido Terfort, ein Mittfünfziger, den gelben FDP-Schal um den Hals. Alle Untergangszenarien waren vergessen. In dieser Stunde betonten viele FDP-Leute aus Niedersachsen, dass Philipp Rösler einer der „ihren“ sei, ein Landsmann, der zumindest hier einen „guten Wahlkampf“ gemacht habe. Für Rainer Brüderle hatten viele in der Bar Celona nur Verachtung übrig. Der FDP-Spitzenmann Stefan Birkner lobte sogar, dass Rösler einen „großen Anteil“ an diesem Sieg habe.

Steinbrück belastet den Wahlkampf

Ein Genosse aus Wunstorf berichtete, dass ihn noch am Samstag im Straßenwahlkampf altgediente Sozialdemokraten wegen seiner Redehonorare und seinem Gerede über das Kanzlergehalt angegangen hätten. Stephan Weil aber vertritt energisch die Ansicht, Steinbrück sei Opfer einer übertriebenen Medienberichterstattung: „Es hat hier keine Bremsspuren gegeben.“ Die offizielle Partei hält zusammen, und als SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles im Fernsehen verkündet, dass man „natürlich“ am Kandidaten Steinbrück festhalten werde, da nickt eine Gruppe von Jusos vor der Rednerbühne im Alten Rathaus mit den Köpfen: Ja, der Bundestrend der SPD habe geschadet, aber es mache doch jetzt keinen Sinn zu wechseln, sagt der 23-jährige Juso Pascale Stellmacher aus Hannover: „Wir machen doch die bessere Bildungspolitik.“

Der 54-jährige Stephan Weil, früher Staatsanwalt, seit 2006 Oberbürgermeister von Hannover, ist ein bedächtiger, auf Versöhnung und Harmonie gepolter Typ von Politiker. Als er am Abend im Landtag ins Fernsehstudio eilt, da stoppt er beim früheren SPD-Landesvorsitzenden Olaf Lies, umarmt den lange und heftig. 2011 hatte Weil ihn mit seiner kurzfristig angekündigten Bewerbung ums Amt des Spitzenkandidaten schockiert – und bei einem Mitgliederentscheid aus dem Rennen geworfen. Der alte Rivale Lies soll abgefunden werden, mit einem Posten als Wirtschafts- und Arbeitsminister. Aber ob es überhaupt zu einem Kabinett Weil kommt, das steht in den Sternen zu diesem Zeitpunkt.

Jubel und Schock liegen eng beieinander

Bibbern und Bangen auch bei der CDU. Die feierte im Hangar 5 in Hannover-Wülfel in einer alten Industriehalle – eine Eventlocation heißt der Schuppen heute, wo man Disco-Partys, Hochzeiten und Wrestling-Shows abhält. Normalerweise, sagt der Taxifahrer, bringe er „nur Teenager in den Hangar 5“ . Der Ort ist so trendy wie der Wahlkampf von Ministerpräsident David McAllister (44) modern und frisch war. Das Motto „I’m a Mac“ auf Plakaten und Buttons kam bei der Jugend gut an, und als die erste Prognose verkündet wurde, da reckten sich Hunderte von blauen Mac-Transparenten in die Höhe. „Es war ein Moment des Jubels, aber dann auch ein Schock“, sagt Alexander von Schwartz, Christdemokrat aus Hannover.

Die Union stürzte von 40 Prozent in den Umfragen tief ab, sie lag rund sechs Prozent unter Wulffs Ergebnis von 2008. Natürlich sei das der FDP-Rettungseffekt, sagen viele im Hangar. Schon im Wahlkampf hatten viele CDU-Mitglieder bemerkt, dass ihre Klientel auch ohne Aufforderung ihre zweite Stimme der FDP schenken wollte.

Auf McAllister lässt niemand etwas kommen

Aber auf McAllister lässt im Hangar 5 niemand etwas kommen, er ist der Star, er ist populär. „Er hat so eine prägnante, starke Stimme. Er strahlt Ruhe aus“, lobt die 30-jährige Alexandra Bruhns, ein CDU-Mitglied. Da ist es wieder, das Bild vom idealen Schwiegersohn, dem smarten Politiker. Anders als die SPD erhielt McAllister Rückenwind von der Bundes-Partei. Dass er „Merkels Mac“ sei, damit kokettiert er sogar öffentlich. Siebenmal war die Kanzlerin im Wahlkampf für McAllister aufgetreten. Ein fleißiger Einsatz für ihren Getreuen, der einst ihr Angebot ausgeschlagen hatte, CDU-Generalsekretär zu werden.

Merkel kann Säle füllen: bis zu 4000 Leute kamen zu ihren Veranstaltungen – als Hannelore Kraft auftrat – ohne Steinbrück – da kamen 2000. Loyal, bodenständig, mit einer Liebe für die Provinz ausgestattet, die Talkshows meidend und selbst lachend, als er mit einem Boot im Bad Zwischenahner Meer kenterte – so hat McAllister eigentlich hohe Popularitätswerte im Lande erreicht. Umso erstaunlicher sein Absturz nun. Da ist einerseits der Stimmenverleih an die FDP, aber da weisen auch zwei RCDS-Studenten daraufhin, dass die CDU Stimmen an die Grünen verloren haben könnte. „Bei Massentierhaltung und Studiengebühren waren die besser aufgestellt“, sagt Christoph Elsner (21) , der aus Sympathie zum Halbschotten McAllister einen Schlips im Schottenkaro trägt.

McAllisters moderater Stil findet Anerkennung

McAllister hat im Wahlkampf einen moderaten Stil verfolgt. Sein streng niedersächsische Interessen vertretender Kurs in der Gorlebenfrage, seine Konsenssuche in der Bildungspolitik, die Verpflichtung des Innenministers Uwe Schünemann (CDU) auf „Menschlichkeit“ bei der Abschiebepolitik – all dies weichte die politischen Fronten auf. Ein überaus harmonisches Verhältnis zum Koalitionspartner FDP kommt hinzu: der gebeutelten Landes-FDP stattete er bei ihrem kleinen Parteitag in Verden einen Besuch ab. Aber reicht das alles aus für eine schwarz-gelbe Mehrheit? Um 21 Uhr weiß das noch keiner. Da tritt die türkisch-stämmige CDU-Ministerin für Integration, Aygül Özkan, im Hangar 5 ans Rednerpult und ruft: „Ich bin zufrieden und zuversichtlich, aber das Rennen ist offen.“ Ein heftiger Applaus setzt bei der CDU ein, als verkündet wird, dass Doris Schröder-Köpf, Gattin des Altkanzlers Gerhard Schröder, im Wahlkreis 24 das Direktmandat verpasst hat.

Nur eine Partei ist im Dauerjubel: die FDP. „Unser Lokal für die Wahlparty ist viel zu klein“, klagte der Generalsekretär Gero Hocker. Wie 2008 hatten die Liberalen die Eckkneipe Bar Celona an der Marktkirche gemietet – mit ihren 100 Plätzen war sie völlig überlaufen, Kamerateams standen Schlange. Und hier war kurz nach 18 Uhr der größte Jubel ausgebrochen – mit einem Wiedereinzug ins Parlament hatten viele gerechnet – solch einen Siegeszug aber hatte niemand erwartet: „Wir hatten Umfragewerte von drei Prozent, jetzt liegen wir beim Dreifachen. Das ist exzellent!“ begeisterte sich Frido Terfort, ein Mittfünfziger, den gelben FDP-Schal um den Hals. Alle Untergangszenarien waren vergessen. In dieser Stunde betonten viele FDP-Leute aus Niedersachsen, dass Philipp Rösler einer der „ihren“ sei, ein Landsmann, der zumindest hier einen „guten Wahlkampf“ gemacht habe. Für Rainer Brüderle hatten viele in der Bar Celona nur Verachtung übrig. Der FDP-Spitzenmann Stefan Birkner lobte sogar, dass Rösler einen „großen Anteil“ an diesem Sieg habe.

Am Ende schweigt David McAllister

Beim Grünen-Spitzenduo Stefan Wenzel und Anja Piel herrschte eine seltsame Happy Hour: Angesichts eines guten zweistelligen Ergebnisses spendierte die Partei in einem spanischen Restaurant ein Freigetränk. Nur, mit wem koalieren? Reicht es für Rot-Grün? Das weiß um 22 Uhr noch niemand, aber sowohl McAllister („sind stärkste politische Kraft“) als auch Weil, der das SPD-Ergebnis im Vergleich zu 2008 immerhin verbessern konnte, sehen sich noch auf der Siegerstraße. Um 23 Uhr dann die Gewissheit: Rot-Grün hat eine Stimme mehr, McAllister steht mit roten Wangen auf der Bühne, schweigt. Es herrscht Stille im Hangar 5 – „ach du Scheiße“, entfährt es einer Christdemokratin. Gegen 23.30 verlässt McAllister enttäuscht den Saal. Stephan Weil sagt in der ARD, dies sei auch „Peer Steinbrücks Sieg“. „Wir verlieren und gewinnen zusammen.“