Rot-Grün gewinnt triumphal die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, die CDU stürzt auf ein historisches Tief.

Düsseldorf - Kantersieg für Rot-Grün, historisches Debakel für die CDU, Triumph für die FDP: Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen haben sich Sozialdemokraten und Grüne die bisher fehlende Mehrheit eindeutig gesichert - ein dramatisches Warnsignal auch für Kanzlerin Angela Merkel (CDU). SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft kann nach Hochrechnungen nun auf stabiler Basis weiterregieren. Die CDU von Norbert Röttgen stürzt auf ihr Rekordtief an Rhein und Ruhr, der Spitzenkandidat tritt als Landeschef zurück.

 

Die im Bund schwer angeschlagene FDP mit ihrem Hoffnungsträger Christian Lindner kehrt noch deutlicher als vor einer Woche in Schleswig-Holstein in die Erfolgsspur zurück. Die Piraten ziehen zum vierten Mal in Folge in ein Landesparlament ein. Die Linke ist raus.

Die Abstimmung im bevölkerungsreichsten Bundesland mit 13,2 Millionen Wahlberechtigten ist dieses Jahr das wichtigste Signal vor der Bundestagswahl im Herbst 2013. Der Aufwind für die rot-grüne Opposition bei der „kleinen Bundestagswahl“ dürfte es Kanzlerin Merkel und ihrer schwarz-gelben Koalition noch schwerer machen - auch wenn sich im Bundesrat praktisch nichts ändert.

Wirkt sich das Ergebnis auf Bundesebene aus?

Kraft sagte: „Das ist ein klares Signal nach Berlin.“ Für Grünen-Chefin Claudia Roth ist Rot-Grün „möglich im Bund“ - auch Merkels Politik sei abgewählt worden. Die Forschungsgruppe Wahlen befand in ihrer Analyse, in NRW habe Rot-Grün gezeigt, dass trotz Konkurrenz durch die Piraten eine Mehrheit jenseits von Schwarz-Gelb möglich sei. Das Ergebnis sage aber „noch lange nichts darüber aus, wie die Bundestagswahl ausgeht“. Auch nach Ansicht Röttgens ist es nicht übertragbar: „Ich glaube, dass im Bund die Lage eine andere ist. Es sind zwei unterschiedliche Ebenen.“

In Schleswig-Holstein hatte es für SPD und Grünen zusammen noch nicht ganz gereicht, dort läuft es derzeit auf ein Dreierbündnis mit dem Südschleswigschen Wählerverband SSW hinaus.

Nach Hochrechnungen von ARD und ZDF vom Sonntagabend (19.25) nähert sich die SPD in NRW mit 38,5 bis 38,9 Prozent wieder der 40-Prozent-Marke (2010: 34,5). Die CDU fällt mit 26,0 bis 26,3 Prozent um gut 8 Punkte und liegt deutlich unter ihrem damals schon schwächsten Ergebnis von 2010 (34,6) - es ist ihr zweitschlechtestes seit mehr als 60 Jahren in einem westdeutschen Flächenland. Die Grünen von Vize-Regierungschefin Sylvia Löhrmann schneiden mit 11,8 bis 11,9 Prozent in etwa so ab wie beim letzten Mal (12,1).

Der FDP gelingt ein ähnlicher Coup wie eine Woche zuvor in Kiel: Die vor kurzem noch abgeschriebene Partei erringt mit 8,3 bis 8,4 Prozent ihr zweites Erfolgserlebnis seit mehr als einem Jahr, diesmal sogar mit einer Steigerung um gut 1,5 Punkte (2010: 6,7). Ähnlich erfolgreich ist die noch junge Piratenpartei, die mit 7,8 bis 8,1 Prozent locker in den Landtag einzieht (2010: 1,6). Die Linke dagegen setzt ihren Abwärtstrend fort und fliegt mit 2,5 bis 2,6 Prozent nach nur zwei Jahren wieder aus dem Parlament (2010: 5,6).

Daraus ergibt sich laut ARD-Hochrechnung (Infratest dimap) folgende Sitzverteilung mit Überhangmandaten: SPD 92, CDU 62, Grüne 28, FDP 20 und Piraten 19. Rot-Grün hätte damit eine Mehrheit von 120 Mandaten gegen die 101 Sitze der Opposition. Die Wahlbeteiligung lag in der Nähe des niedrigen Werts von 2010 (59,3 Prozent).