Die Medien haben die AfD groß gemacht, behaupten Vertreterinnen von SPD und CSU im Polittalk „Hart aber fair“. Geht’s noch?, fragt unser Redakteur Willi Reiners.

Stuttgart - In 13 Landesparlamenten sitzt die AfD inzwischen, und jetzt zieht sie auch noch in den Bundestag ein. Und wer ist dafür verantwortlich? Ja klar, die Medien. Sie haben der Partei nämlich zu viel Aufmerksamkeit geschenkt und damit ihren Aufstieg überhaupt erst möglich gemacht. SPD-Frau Katharina Barley trug diese erstaunliche Erklärung am Montagabend in Frank Plasbergs Polittalk „Hart aber fair“ vor, CSU-Frau Dorothee Bär pflichtete ihr bei. Die gute alte Groko – soeben wurde sie krachend abgewählt, aber im TV tut sie es noch eine Weile. Immerhin, es gab heftigen Widerspruch für die Medienschelte. Gastgeber Plasberg selbst verwahrte sich gegen den Vorwurf, sein Gast Nikolaus Brender, ehemaliger Chefredakteur des ZDF, ebenso. Auch Grünen-Nordlicht Robert Habeck konnte nur den Kopf schütteln.

 

Über die Selbstgerechtigkeit Barleys und Bärs kann man sich wirklich nur wundern. Jede zweite politische Talkshow im Jahr 2016 habe die Themen Flüchtlingskrise, Zuwanderung und Integration zum Thema gehabt, rechnete die frühere SPD-Generalsekretärin und Noch-Familienministerin vor. Das habe Ängste im Publikum geschürt und von anderen drängenden Problemen etwa in der Sozialpolitik abgelenkt.

Die Medien hätten gut von der AfD profitiert

Politisch profitiert habe davon einzig und allein die AfD, argumentierten die Politikerinnen. Auch die Medien seien auf ihre Kosten gekommen, weil mit Ängsten gute Einschaltqouten zu erzielen seien. Und mit von AfD-Politikern provozierten Skandälchen auch.

Jede Bereitschaft, über alternative Gründe für die schwere Niederlage der Volksparteien nachzudenken, ließen Barley und Bär vermissen. War es nicht die große Koalition selbst, die im Spätsommer 2015 die Grenzen für Hunderttausende Flüchtlinge öffnete? Wie hätten die Medien darauf reagieren sollen, vielleicht mit Nicht-Berichterstattung? Selbstverständlich gehörte das dominierende Thema des vergangenen Jahres in die Talkshows. Dort hatte das leitende Personal der Groko ausreichend Gelegenheit, den Menschen zu erklären, wie man die Krise meistern kann, trotz aller Schwierigkeiten. So richtig funktioniert hat das nicht, wie das Wahlergebnis zeigt.

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