Mentrup oder Wellenreuther – zwei Wochen vor der Entscheidung der Oberbürgermeisterwahl in Karlsruhe fehlen in der Stadt die großen Themen.

Die Stadt Karlsruhe ist derzeit von unübersehbar vielen Baustellen übersät, dazwischen hängen unzählige Plakate, die auf den OB-Wahlkampf hinweisen. Besucher, die in diesen Tagen in die nordbadische Stadt kommen, erfahren davon, dass die Karlsruher offenbar beides mit stoischem Gleichmut zur Kenntnis nehmen: auch noch wenige Tage vor dem Wahlgang am 2. Dezember.

 

Die meisten Gegner der Untertunnelung von Karlsruhes Innenstadt, die eine straßenbahnfreie Fußgängerzone schaffen soll, haben sich mit dem größten Infrastrukturprojekt der Nachkriegsgeschichte abgefunden. Im Wahlkampf werden allenfalls Forderungen nach „besserem Baustellenmanagement“ laut. Das bringt zuweilen den amtierenden Rathauschef Heinz Fenrich (CDU) in Rage, eine entsprechende „Stabsstelle“ dafür gäbe es längst, sagt dieser.

Wahlslogan aus Fritz Kuhns Kiste

So will sich manch einer auf den letzten Metern noch profilieren. Der von Grünen und SPD unterstützte Kandidat Frank Mentrup – selbiger ist SPD-Staatssekretär im Kultusministerium – hat just zu Wochenbeginn, als über Karlsruhe dichter Hochnebel lag, viele der stadtweit verteilten Plakate von der Farbe „Rot“ auf knalligeres „Grün“ umhängen lassen. „Mit Grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben“, steht jetzt dort: ein Slogan, den man schon von Fritz Kuhn kennt.

Wirklich positioniert hat sich der 48-jährige SPD-Politiker wenig: etwa bei der seit Jahren umstrittenen Rheinbrücke. Mentrups wichtigster Konkurrent, der CDU-Bundestagsabgeordnete und langjährige CDU-Kreisvorsitzende Ingo Wellenreuther (52) – der den Chefsessel im Rathaus nach mehr als 40 Jahren CDU-Regentschaft verteidigen will – entdeckte jetzt das Problem steigender Asylantenzahlen: Karlsruhes Landesaufnahmestelle quillt aus allen Nähten, Wellenreuther fordert jetzt plötzlich schnellere Verfahren.

Keine Unterstützung vom amtierenden OB

Von Rathauschef Heinz Fenrich (67) darf Wellenreuther keine Hilfe erwarten. Das Verhältnis erscheint zerrüttet. „Natürlich habe ich eine private Meinung, aber die geht die Öffentlichkeit nichts an“, ließ Fenrich jetzt einmal mehr wissen. Wellenreuther konnte immerhin Angela Merkel für einen Auftritt im Stadtteil Neureut gewinnen.

Die offizielle Kandidatenvorstellung der Stadt vergangene Woche in der Gartenhalle blieb eher mäßig besucht. Dabei traten erstmals – mit Michael Böhm und Sascha Toni Oehme – auch zwei sogenannte Spaßkandidaten auf. Nach insgesamt mehr als 30 gemeinsamen Podien scheint eine Ermüdung eingetreten zu sein. Wohl den nachhaltigsten Eindruck hinterlassen haben die Kandidaten beim „Event“ einer lokalen Online-Tageszeitung im Oktober: in der zu einer Art „Boxarena“ umfunktionierten Stadthalle, die mehr als 800 Besucher zählte, konnten auch die Kandidaten der Linken, Nico Fostiropoulos, Jürgen Wenzel (Freie Wähler) und Stadtrat Friedemann Kalmbach richtig punkten. Mit verschlossenen Wahlurnen erfragten die Redakteure zum Ende der Veranstaltung ein Stimmungsbild im Saal: „Die Zuschauer wählen Mentrup zum OB“, titelten diese tags darauf. 585 Besucher hatten abgestimmt, davon erhielt Mentrup 51 Prozent der Stimmen, Wellenreuther 20,68 Prozent, der Kandidat der Linken zwölf und Kalmbach immerhin 9,6 Prozent.

Prominente Unterstützung aus Stuttgart

Dichter beieinander lag das Spitzenduo bei einer Befragung durch das Karlsruher Meinungsforschungsinstitut Cobus, das bei 500 Befragten Mentrup bei knapp 46 Prozent und Hauptkonkurrent Wellenreuther bei etwa 43 Prozent sah.

Wellenreuther betreibt den aufwendigsten Wahlkampf, obwohl er eigentlich schon jetzt den höchsten Bekanntheitsgrad hat. Vergangene Woche erhöhte der CDU-Kreisvorstand das Wahlkampfbudget auf 250 000 Euro, wie aus Parteikreisen verlautet. Bescheiden erscheinen da Zahlen der Konkurrenz: 70 000 Euro würde seine Partei für Mentrup bereitstellen, ist aus dem SPD-Stadtrat zu hören, die Grünen reden von 20 000 Euro. Nun erwartet Mentrup Unterstützung von Winfried Kretschmann (Grüne) und Nils Schmid (SPD). Beide treten im Kulturzentrum Tollhaus auf, am Ostrand der Stadt – weit entfernt von innerstädtischen Baustellen.