Hans Peter Stihl will sich langsam aus dem Familienunternehmen zurück ziehen. Ein Interview mit dem Patriarch des Kettensägenherstellers.

Waiblingen - Weil er weiß, dass „irgendwann einmal die Spannkraft nachlässt“, hat sich Hans Peter Stihl seine berufliche Grenze selbst gesetzt. Ruhestand mit 80 Jahren? Im Sommer übergibt er den Chefposten im Beirat an seinen Sohn. Sein Büro will er noch nicht gänzlich räumen – es künftig aber wesentlich seltener betreten als bisher.
Herr Stihl, vor 52 Jahren sind Sie in die Firma Ihres Vaters eingetreten. War das vorausbestimmt?
Ich hätte mir auch vorstellen können, etwas anderes zu machen, aber mein Vater hat darauf bestanden.

Das Unternehmen war damals noch ein etwas anderes.
Ja, es war mehr handwerklich geprägt und hatte im Vergleich zu heute doch eher bescheidene Umsätze.

Sie haben die Firma umgekrempelt?
Ich habe mir zwei bis drei Jahre lang einen Überblick verschafft, war mit verschiedenen Dingen, wie dem Aufbau eines Archivs oder der Beseitigung technischer Mängel, betraut und habe mir nebenbei die technische Organisation vorgenommen. Es war im Grunde genommen die Fortsetzung meiner Tätigkeit vor Stihl, als ich für eine Beraterfirma gearbeitet habe.

Ihr Vater hat Sie einfach so machen lassen?
Er hat mir vertraut und ist meine Vorschläge mitgegangen – nachdem er meine Fähigkeiten zuvor geprüft hatte.

Sie haben ihn unter anderem überzeugt, die Schlepperfertigung einzustellen.
Ja, das war 1964, und zwei Jahre später haben wir uns von den Dieselmotoren getrennt, um uns ganz auf tragbare Benzin- und Elektrogeräte zu konzentrieren.

Das war wohl eine gute Entscheidung.
Wir waren schon 1971 die meistverkaufte Motorsägenmarke der Welt.

Sie haben nebenbei aber auch die Produktion in der Welt verteilt.
Der Produktionsstandort Deutschland ist zu teuer. Als Markenführer müssen wir die weltweiten Märkte bedienen. Deshalb haben wir unter anderem Standorte in Brasilien und den USA, vor sechs Jahren auch in China eröffnet.

Gleichzeitig haben Sie sich auch in Waiblingen stetig vergrößert. Nur, weil es Ihnen in der Region so gut gefällt?
Nein. Ein wesentlicher Standortvorteil von Deutschland ist die Duale Ausbildung, die es nur hier, in Österreich und der Schweiz gibt. Zudem finden wir hier auch die fähigsten Ingenieure. In Deutschland werden unsere High-Tech-Profimotorsägen hergestellt, bei denen es in erster Linie auf die Qualität ankommt und der Preis nur die zweite Rolle spielt. Außerdem entwickeln wir unsere Produkte ausschließlich in Deutschland.

In einem Gespräch mit einem Kollegen haben Sie sinngemäß gesagt, dass sich das ändern könnte, wenn die Landesregierung Ihre Belange missachte. War das eine Drohung?
Nein, eine Feststellung. Wir könnten ganz schnell eine entsprechende Entscheidung treffen und woanders hingehen. Wir werden genau beobachten, wie sich Grünrot weiter verhält.

Was gefällt Ihnen an der Landesregierung nicht, außer der Farbe?
Dass sie in den Sparbemühungen nachgelassen hat, aber auch ihre Verkehrspolitik, die Geschwindigkeitsbegrenzungen, das unsägliche Verhalten bei Stuttgart 21.

Sie bezeichnen das Weltunternehmen Stihl immer wieder gerne als Familienunternehmen. Bezieht sich das nur auf die Eigentumsverhältnisse?
Es hat auch mit der Unternehmenskultur zu tun. In unserem Hause ist eine freie, offene Diskussion erwünscht. Wir sind offen für Input in jeder Hinsicht. Es dürfen auch mal Fehler passieren, was aber nicht vorkommen darf, sind Lügen.

Apropos Familie: Sie übergeben Ihren Vorsitz im Beirat Mitte des Jahres an Ihren Sohn Nikolas. Wollen Sie mit 80 Jahren tatsächlich schon in Rente gehen?
(lacht) Ich fühle mich noch in einer guten Verfassung, körperlich wie geistig. Aber der Generationenwechsel wurde von uns schon lange vorbereitet. Und ich habe mir selbst eine Grenze gesetzt, weil ich weiß, dass die Spannkraft im Alter irgendwann einmal ganz automatisch nachlässt. Ich werde mein Büro behalten, dort aber deutlich weniger anzutreffen sein.

Nach Jahrzehnten als gefragter Mann im Unternehmen wie in Verbänden, besteht da nicht die Gefahr, dass Ihnen langweilig wird?
Ich glaube nicht. Ich bin begeisterter Jäger, filme und fotografiere, und ich fahre gerne Motorrad.

Auch noch mit 80?
Ja sicher.

Ihrem Sohn werden Sie nicht sagen, was er besser machen muss?
Er weiß selber, was er tut und wie die Firma tickt. Nikolas hat sich längst bewährt, unter anderem hat er unsere Tochtergesellschaft Viking in Österreich erfolgreich aufgebaut. Wenn er meinen Rat braucht, bin ich da.

Und wenn er – wie Sie einst – beschließt, auf ganz andere Produkte zu setzen?
Man müsste sich schon sehr bemühen, um bessere und ertragreichere Produkte als unsere zu erfinden.
Das Gespräch führte Frank Rodenhausen.