Anders als fürs Schimmelhütten-Fest braucht der Veranstalter für die Wandernde Weinprobe keine Genehmigung der Stadt. Die Wengerter haben trotzdem mit einem Kontrollbesuch der Ämter gerechnet. Doch der blieb aus.

Degerloch - Rot, rosa oder weißlich-gelb hat der Wein in den Gläsern geglänzt. Seit 2003 laden die Wengerter des Degerlocher Scharrenbergs alljährlich zur „Wandernden Weinprobe“ ein. Die Besucher, ein Weinglas in der einen und den Regenschirm in der anderen Hand, schlenderten prächtig gelaunt zwischen den Reben über den Schimmelhüttenweg von einer Weinlaube zur nächsten, ließen sich die Erzeugnisse der hiesigen Winzer – Trollinger, Heroldrebe oder Degerlocher Secco – schmecken. Dabei war im Vorfeld der Veranstaltung zwar nicht der Wein, aber beinahe die Stimmung gekippt.

 

Dieses Jahr kein Stand auf öffentlichem Gelände

Die Aufregung um das abgesagte Schimmelhütten-Fest im Sommer steckt den Veranstaltern noch immer in den Knochen: „Was wir in unseren Weinbergen machen, dafür ist das Amt für öffentliche Ordnung nicht zuständig“, betont Barbara Knobloch-Wolfrum, Wengerterin und Ehegattin von Thomas Wolfrum, dem Vorsitzenden der Weingärtner und Freunde des Schimmelhüttenwegs.

Für die Wandernde Weinprobe am Sonntag, den 15. September mussten keine Wege gesperrt werden. Der Verein hat in diesem Jahr darauf verzichtet, einen Stand auf öffentlichem Gelände aufzubauen – anders als noch vergangenes Jahr. „Wir wollten auf keinen Fall mit der Stadt in Verhandlungen treten“, sagt Knobloch-Wolfrum. Für die Verköstigung in den Degerlocher Weinbergen habe man lediglich eine Ausschankgenehmigung beantragt – und natürlich bekommen.

Brandschutzauflagen im Juli nicht erfüllt

Auch wenn sowohl bei der Wandernden Weinprobe als auch bei der Schimmelhütten-Hocketse in beiden Fällen der Veranstalter die Weingärtner und Freunde des Schimmelhüttenwegs sind: Die Wandernde Weinprobe, so bekräftigt es Barbara Knobloch-Wolfrum, habe mit dem Schimmelhüttenfest nichts zu tun: „Das ist etwas völlig anderes“, sagt die Weingärtnerin. Bei der einen Veranstaltung werde gewandert, bei der anderen gehockt. Trotzdem vermutete sie noch vor dem Wochenende, dass die Stadt Stuttgart jemanden schicken werde, der sich umschaut.

Dieser Befürchtung widerspricht Ralf Maier-Geißer vom Amt für öffentliche Ordnung, er werde niemanden nach Degerloch delegieren: „Unser Grundsatz ist: Wir vertrauen den Veranstaltern – und die Veranstalter vertrauen uns.“ Dieses Vertrauen war jedoch im Juni zerstört worden, als eine Mitarbeiterin des Ordnungsamts Fotos der Schimmelhütten-Hocketse im Internet fand und bemerkte, dass die Brandschutzauflagen nicht erfüllt worden waren. Als die Stadt die Veranstalter darauf hinwies und ankündigte, dass die Polizei die Hocketse überprüfen werde, blies Thomas Wolfrum die Veranstaltung bekanntlich kurzfristig ab. Im Kern ging es darum, dass für die Rettungskräfte eine drei Meter breite Gasse auf dem Schimmelhüttenweg frei gehalten werden sollte. Der Weg durch die Weinberge könnte somit kaum oder gar nicht bestuhlt werden, ist er doch selbst kaum breiter – wenn überhaupt.

„Die Stammgäste sind gekommen“

Barbara Knobloch-Wolfrum möchte allerdings all das hinter sich lassen, gar nicht an die große Glocke hängen und sich lieber auf den Wein und das Wandern durch die Steillagen konzentrieren. Denn darum sollte es am Wochenende ja schließlich gehen: um entspannten Genuss in den Weinbergen – und so wurde es auch.

Zufrieden äußerte sich Rudolf Gohl, eines der Gründungsmitglieder der Degerlocher Wengerter, kurz nach dem Beginn der „Wandernden Weinprobe“. „Die Stammgäste sind gekommen“, freute er sich. Das Gezerre um die Veranstaltung scheint diese nicht davon abgehalten haben, sich von Degerloch aus durch die Weinberge in Richtung südlicher Talkessel aufzumachen. Und auch nicht die drohenden dunklen Regenwolken, die über Stuttgart zogen. „Falls es regnen sollte, trinken wir uns das Wetter schön“, sagte eine Besucherin und lachte.