Drei Prozent höhere Gehälter haben Bund und Kommunen den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in der Tarifrunde angeboten. Viel zu wenig sei das, monieren Verdi sowie der Beamtenbund – und überziehen die Region Stuttgart mit einer Serie von Warnstreiks.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Die Tarifrunde im öffentlichen Dienst hat noch gar nicht richtig Fahrt aufgenommen, da könnte sie schon wieder zu Ende sein. Die Hoffnungen wachsen, dass bereits bei der dritten Verhandlungsrunde zum übernächsten Wochenende hin eine Einigung zwischen Bund, Kommunen und Gewerkschaften in Potsdam erzielt wird. Dennoch setzen die Gewerkschaften zuvor noch ihre Duftmarken.

 

Am Mittwoch legte der Beamtenbund einen landesweiten Warnstreiktag mitsamt Demozug durch die Stuttgarter Innenstadt ein. Dies bot einen kleinen Vorgeschmack auf den kommenden Montag. Dann folgt die in dieser Tarifrunde deutlich gewichtigere Konkurrenz von Verdi mit ihren Aktionen in der Region Stuttgart. Bei einem ganztägigen Warnstreik sollen alle großen Bereiche betroffen sein – insbesondere die Kitas, die schon im Vorjahr eine lange Sondertarifrunde durchgemacht haben. Das Jugendamt fordert die Eltern auf, sich zuvor bei den pädagogischen Beschäftigten der Tageseinrichtungen oder am 25. April über das Infotelefon des Amtes (0711/216-55555) nach der konkreten Lage vor Ort zu erkundigen.

Die Müllabfuhr will die Entsorgung, sofern möglich, an den Folgetagen nachholen. Ebenso wird der öffentliche Nahverkehr mit den Stadtbahnen, der Zahnradbahn, den Bussen sowie den SSB-Kundenzentren stark tangiert sein. S-Bahnen und Regionalzüge sowie Nebenbahnen und Busse in den Landkreisen des Verbunds fahren jedoch planmäßig. Die Mineralbäder sowie das Freibad Möhringen werden ebenso in die Aktionen eingebunden wie die Gemeindeverwaltung und die Arbeitsagentur. Eine zentrale Kundgebung für ganz Baden-Württemberg ist diesmal nicht vorgesehen – dennoch ist für den Vormittag eine Demonstration auf dem Stuttgarter Marktplatz angesetzt.

Einschränkungen am Klinikum möglich

Bereits an diesem Donnerstag nimmt sich Verdi die Krankenhäuser in Baden-Württemberg vor – mehr als 20 insgesamt. Das Klinikum Stuttgart wird aber auch am Montag betroffen sein. Die Streiks sollen so organisiert werden, dass diverse Bereiche nicht funktionsfähig sind. Einschränkungen bei Aufnahmen, Untersuchungen und Behandlungen sind möglich. Allerdings gibt es auch eine Notdienstvereinbarung für dringende Fälle. Bundesweit rechnet Verdi allein am Donnerstag mit etwa 10 000 Teilnehmern, der regionale Schwerpunkt liegt dann in Bayern.

Während die Warnstreiks des Beamtenbundes (DBB) am Mittwoch allenfalls in den Straßenmeistereien Spuren hinterließen, machten sich vor dem Stuttgarter Rathaus einige hundert DBB-Mitglieder lautstark bemerkbar. Siegfried Damm, Vize-Vorsitzender der Bundestarifkommission, verwies auf die höchsten Steuereinnahmen seit der Wiedervereinigung: „Der Staat schwimmt im Geld“, betonte er. „Es ist auch unser Rekordplus.“ Zwar seien viele Kommunen hoch verschuldet, doch trügen dafür Bund und Länder die Verantwortung, die die Städte zu stark belasteten. Ansonsten ließ er kein gutes Haar am Angebot der Gegenseite, wobei Damm ausgiebig in die rhetorische Mottenkiste für Tarifkämpfe griff. Die Arbeitgeber hatten eine Steigerung der Einkommen um ein plus zwei Prozent – insgesamt drei Prozent – für zwei Jahre offeriert; Verdi und der Beamtenbund fordern sechs Prozent.

Lange Nachtsitzung in Potsdam denkbar

Dass im Mai weitere Warnstreiks nötig sein werden, erscheint derzeit fraglich: Beide Gewerkschaftslager rechnen wegen der hinter den Kulissen forcierten Gespräche über die wichtigen Nebenthemen – die neue Entgeltordnung und die betriebliche Zusatzversorgung – mit einem Durchbruch in der dritten Runde, die am Donnerstag nächster Woche beginnen soll. Die Einigung könnte dann von Freitag auf Samstag erfolgen; die Unterhändler richten sich jedenfalls auf eine lange Nachtsitzung in Potsdam ein. Auch der Stuttgarter Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle dringt auf eine rasche Lösung am Verhandlungstisch. Sollten sich die Gewerkschaften mit ihren Forderungen durchsetzen, kämen auf die Stadt höhere Personalkosten von 25 Millionen Euro pro Jahr zu, mahnte er.