Einer der größten deutschen Tourismusverbände bekommt einen neuen Chef: Der Südtiroler Hansjörg Mair tritt die Nachfolge von Christopher Krull an, den es nach mehr als 20 Jahren in das Allgäu nach Oberstaufen zieht.

Freiburg - Der Ferienregion Schwarzwald hing vor Jahren noch ein eher etwas angestaubtes Image an. Christopher Krull wollte das als Tourismuschef ändern – und hat einiges auf die Beine gestellt. Nach 15Jahren an der Spitze der gemeinsamen Marketingorganisation von mehr als 300 Kommunen zwischen Karlsruhe und Basel zieht es ihn nun in das bayerische Allgäu: auf der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung. Er hatte vorzeitig um die Vertragsauflösung gebeten. Sein neuer Wirkungsort ist Oberstaufen im Oberallgäu. Dort will er als Tourismusdirektor aus dem 7000-Seelen-Heilbad – mit derzeit rund 800 000 Übernachtungen im Jahr – das „Sylt des Südens“ machen.

 

Seine Posten in Freiburg übernimmt der Südtiroler Hansjörg Mair. Er leitete bisher den Tourismusverband „Südtirols Süden“ in Eppan an der Südtiroler Weinstraße. Er sagt, seine Heimatregion sei „eine dem Schwarzwald vergleichbare Genusslandschaft“, mit einer Mischung aus Wein, bäuerlicher Wirtschaft und Naturlandschaft. Der 49-Jährige, der am 4. September seinen ersten offiziellen Arbeitstag in Freiburg hat, ist in Brixen geboren und aufgewachsen. Mair ist italienischer Staatsbürger mit deutscher Muttersprache. Südtiroler zu sein, sei für ihn „ein gelungener Mix aus deutscher Zuverlässigkeit und italienischem Temperament“.

Hansjörg Mair ist seit gut zwölf Jahren mit einer Schwarzwälderin liiert. Ein Grundkurs in Alemannisch könne ihm dennoch nicht schaden, meint er, denn seine Partnerin kommt aus dem schwäbischen Teil des Schwarzwaldes, wo der Zungenschlag ein anderer ist. Seiner Ansicht nach sei im Schwarzwald in Sachen Tourismus in den letzten Jahren vieles richtig gemacht worden. „Nicht nur in Deutschland blickt man bewundernd hierher“, sagt Mair.

Das Kirchturmdenken bestimmte das Marketing

Längst sind Kuckucksuhr, Schwarzwälder Kirschtorte und Bollenhut aus Deutschlands Südwesten, gleichsam als Synonym für den Schwarzwald, nicht mehr wegzudenken – die Fruchte einer gemeinsamen Anstrengung. Früher dagegen herrschte bei den Verantwortlichen das Kirchturmdenken. Jeder machte „sein Ding“, gemeinsame Werbeaktionen zum Nutzen aller gab es nicht. „Als ich 1996 in den Schwarzwald kam, galt die Region als verstaubt, bieder, langweilig und altbacken“, sagt der scheidende Christopher Krull, der in Rickenbach im Südschwarzwald aufgewachsen ist.

Seine Diplomarbeit an der Universität Göttingen schrieb er über die Entwicklung des Tourismus im Hotzenwald. Nach Stationen in Starnberg und im Weserbergland bei Hann-Münden übernahm er 1996 die Geschäftsführung des Tourismusverbands Südlicher Schwarzwald. Krull war eine treibende Kraft bei der Gründung der Schwarzwald Tourismus Gesellschaft (STG), die 2002 in Leben gerufen wurde und bis 2006 mit drei vergleichbaren Organisationen in Freiburg, Villingen-Schwenningen und Pforzheim fusionierte. Zuvor gab es „die Vierteilung“, wie sie einmal in einer Berliner Zeitung beschrieben worden war: „Ein Schwarzwald, vier Verbände, tausend Eitelkeiten“. Seit 2002 wird der Schwarzwald nun einheitlich als Marke beworben. – bisher mit Christopher Krull als Chef dieser schlagkräftigen Einheit.

Der Trend zum Kurzzeittourismus ist spürbar

Hansjörg Maier kommt aus Südtirol, kennt und liebt den Schwarzwald. Foto: Privat
Auch im Schwarzwald spürt man den Trend zum Tages- und Kurzzeittourismus. Hatte Krull anfangs noch einen „riesigen Investitionsstau“ beklagt und eine Qualitätssteigerung auf allen Ebenen verlangt, so gelang allmählich ein Umdenken: Die Gastgeber sollten sich vom Wirt zum „Wohlfühldienstleister“ wandeln. „Unser Ziel ist der begeisterte Gast, der länger bleibt und auch wieder kommt“, sagt Christopher Krull. Gut ausgestattete Unterkünfte, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis und eine qualitativ hochwertige Infrastruktur, das war die neue Losung. Viele Pensionen haben seitdem kräftig investiert – im Süden noch weit mehr als im Norden.

Daneben verfolgten er und alle Beteiligten das Ziel, den Namen Schwarzwald mit neuen Inhalten zu füllen. Ein neues Logo wurde entwickelt – nur firmiert der Schwarzwald unter dem neuen Markendach „herz.erfrischend.echt“. Die Region müsse sympathisch rüberkommen, davon ist Krull überzeugt. Während mancher Bollenhut und Kirscherzeugnisse in den Orkus werfen wollte, setzten er und sein Team ganz bewusst auf diese beiden Identifikationsmerkmale. Das neue Marketingkonzept heißt sogar „Bollenhutstrategie“ und besteht aus fünf Schritten – analog zu den fünf Bollen auf dem Hut der Schwarzwälder Traditionstracht. Die Werbefachleute fokussierten sich auf die Themen „Mountainbiking“, „Essen und Trinken“, „Wellness“ und „Wandern“. „Christopher Krull hat den Bollenhut entstaubt“, hieß es bei der Gesellschafterversammlung in Bad Herrenalb (Kreis Calw), als Krull verabschiedet wurde.

Im Fokus standen fortan zahlungskräftige Menschen ab 50, vermehrt auch Familien mit Kindern. Die Rechnung ging auf: Noch nie gab es so viele Übernachtungen wie im vergangenen Jahr. Der größte Wanderweg, der Westweg, wurde aufgewertet, dazu kamen die „Schwarzwälder Genießerwege“. 2014 erwarb die Gesellschaft gar Namensrechte des Fußballclubs SC Freiburg, nun gibt es ein Schwarzwald Stadion, wodurch die Tourismusregion nun auch bei Sportübertragungen zu mehr Bekanntheit gelangt – nach dem Ausscheiden in der Qualifikation für die Europa-League zumindest im Inland.