Exklusiv VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech hat erstmals indirekt bestätigt, dass er dem bisherigen Daimler-Vorstand Andreas Renschler ein Angebot für einen Wechsel zu VW gemacht hat.

Stuttgart - Die Preisverleihung für die besten Autos des Jahres durch „Auto, Motor und Sport“ ist ein Gipfeltreffen der PS-Branche. Am Arm seiner Gattin Ursula kommt VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch in das Stuttgarter Kongresszentrum, wo die Automanager an weißen Stehtischen auf den Beginn der Veranstaltung warten. Die Gespräche drehen sich nicht nur um die Preisverleihung, sondern auch um Andreas Renschler, der seinen Posten als Mercedes-Produktionschef überraschend aufgegeben hat.

 

Renschler hat nach StZ-Informationen ein Angebot eines anderen Autoherstellers erhalten, soviel war bereits sicher. Vieles hat in den vergangenen Tagen darauf hingedeutet, dass er Nutzfahrzeugchef des VW-Konzerns werden und aus den Marken VW, MAN und Scania eine schlagkräftige Allianz schmieden soll. Bestätigen wollen dies weder Daimler noch VW.

Es ist kräftig darüber spekuliert worden, wie der Mittfünfziger, der bisher sein ganzes Berufsleben bei Daimler verbrachte und eine glänzende Karriere in Stuttgart machte, zum Wechsel nach Wolfsburg bewegt worden sein könnte. Mancher spekuliert, dass ihm womöglich gar offeriert worden sein könnte, nach einigen Jahren als Nutzfahrzeugchef Nachfolger von VW-Konzernchef Martin Winterkorn zu werden.

Piëchs indirekte Bestätigung

„Womit haben Sie Renschler geködert?“ Als Ferdinand Piëch diese Frage gestellt wird, bleibt er zunächst einmal stumm. Dann folgt der Satz: „Ich habe noch keinen Kommentar dazu, denn erst einmal muss der Aufsichtsrat etwas entscheiden“. Und nach einer weiteren Pause kommt einer jenen knappen, aber vielsagenden Piëch-Sätze: „Hinterher können Sie sagen, die Besten ködern die Besten.“

Dies kann man wohl als indirekte Bestätigung dafür werten, dass Renschler vor dem Wechsel nach Wolfsburg steht. Allerdings ist noch nichts in trockenen Tüchern. Auch dürfte erst eine gewisse Wartezeit zwischengeschaltet werden, mit der verhindert werden soll, dass bei einem Wechsel vertrauliches Firmenwissen von Daimler dazu genutzt wird, dem Wettbewerber Vorteile zu verschaffen.

Bis vor einem Jahr war Renschler Chef der Nutzfahrzeugsparte der Stuttgarter und auch als Mercedes-Produktionschef saß er im Vorstand und weiß bis ins Detail, was Daimler in den kommenden Jahren im Nutzfahrzeugbereich plant. Wie aus Unternehmenskreisen zu hören ist, dürfte in Renschlers Vertrag stehen, dass er ein Jahr lang nicht für einen Wettbewerber arbeiten darf. Ein Daimler-Sprecher wollte diese Klausel nicht bestätigen.

Wie groß die Wertschätzung für Renschler im Kreis der Porsches und Piëchs ist, lässt sich auch aus den Worten Wolfgang Porsches heraushören, der gestern ebenfalls bei der Preisverleihung war. Wolfgang Porsche ist Aufsichtsratschef der Stuttgarter Porsche Holding, die wiederum die Mehrheit der Stimmrechte an VW hält. Porsche ließ Kritik daran erkennen, dass Renschler vor einem Jahr auf die Position des Mercedes-Produktionschefs versetzt wurde. Renschler sei ein erfahrener Lkw-Experte, so Porsche. Wolfgang Bernhard wiederum, der nun Lkw-Chef von Daimler ist, sei ein Experte für die Pkw-Produktion.

Porsche deutete auch an, dass er einen Wechsel in der Position des bisherigen Lkw-Chefs von VW befürwortet. Der heutige Lkw-Chef Leif Östling sei nicht mehr der jüngste, sagte Porsche. Östling feiert im September seinen 69. Geburtstag. Zudem habe der Schwede, so Porsche, „ein bisschen die Scania-Brille auf“.

Östling war lange Scania-Chef und hat 2012 als Vorstandsmitglied von VW den Auftrag bekommen, die schleppende Zusammenarbeit zwischen VW, Scania und MAN voranzubringen. Doch bisher ist nicht viel geschehen, was auch auf atmosphärische Störungen zwischen den Partnern zurückgeführt wird. „Die Zusammenführung ist nicht einfach“, räumte Porsche ein.