Die Stadt Stuttgart hat zwei Wochenmarkt-Kontrolleure wegen des Verdachts auf Korruption fristlos entlassen. Die Mitarbeiter hätten über Jahre "für unentgeltlich erhaltene Waren" zu große Marktstände ignoriert oder „Spendern“ bessere Plätze verschafft.

Stuttgart - Die Stadt hat vor wenigen Tagen ihre beiden langjährigen Wochenmarkt-Aufseher wegen Korruptionsverdachts fristlos entlassen. „Die beiden Mitarbeiter der Märkte Stuttgart GmbH haben ihrer sofortigen Kündigung zugestimmt“, sagte der Rechtsanwalt Roger Bohn, der die Stadt vertritt. Beim Thema Korruption gebe es im Rathaus nichts anderes als „null Toleranz“.

 

„Das ist ein sehr bedauerlich Vorfall“, erklärte der auch für die städtische Marktgesellschaft zuständige Finanzbürgermeister Michael Föll. „Wir sind aber in dieser Angelegenheit rasch allen Verdachtsmomenten nachgegangen, haben die Sache aus eigener Kraft aufgeklärt und dann konsequent gehandelt.“ Die Stadt stehe auch in engem Kontakt mit der Staatsanwaltschaft. „Dort legen wir den Fall in der nächsten Woche vor“, betonte Föll.

Geschäftsführer als Aufklärer

Nach Angaben des Rechtsanwalts der Stadt haben die beiden Aufseher zahlreichen Händlern auf Wochenmärkten „über Jahre für unentgeltlich erhaltene Waren viele Vorteile gewährt“. So hätten die städtischen Kontrolleure etwa zu große Marktstände ignoriert oder „Spendern“ bessere Plätze verschafft. „Als Gegenleistung gab es dafür keineswegs Kleinigkeiten, also etwa nur einen Apfel“, erläutert Bohn. „Die von den Händlern erhaltenen Naturalien gingen mengenmäßig weit über den Eigenbedarf der Empfänger hinaus.“ Der Fall kam nach Angaben des Anwalts im Sommer durch Axel Heger, den neuen Geschäftsführer der städtischen Tochtergesellschaft, ins Rollen. Heger habe immer wieder hören müssen, dass spendable Händler auf den Wochenmärkten von den zwei Kontrolleuren bevorzugt behandelt würden. „Als er diesen Gerüchten nachging, stieß er zunächst auf eine Mauer des Schweigens“, so Bohn. Bei zahlreichen Rundgängen über Wochenmärkte habe sich aber der Verdacht gegen die beiden Mitarbeiter innerhalb von drei Monaten verstärkt. Eine ganze Reihe von Händlern habe schließlich bei Befragungen schriftlich zu Protokoll gegeben, dass sie aus Furcht vor beruflichen Nachteilen reichlich Naturalien „gespendet“ hätten.

Als die beiden Aufseher bei ihrer Anhörung mit den Ermittlungsergebnissen konfrontiert worden seien, „konnten sie diese nicht entkräften“, erklärt Bohn. Beide hätten auf die Vorhaltungen nicht mit Empörung reagiert, sondern alles abgestritten und konkrete Fragen fast immer nur einsilbig beantwortet.

„Viele Händler haben aufgeatmet“

Damit war für die Stadt „die Schmerzgrenze überschritten“. Die beiden Mitarbeiter erhielten Mitte und Ende Oktober ihre fristlose Kündigung. Auch der in das Verfahren eingeschaltete Betriebsrat habe diesem Schritt zugestimmt.Wenig später informierte die Stadt auch die auf den Wochenmärkten vertretenen Händler. Es waren viele Briefe. Denn in Stuttgart gibt es in der City und in den Stadtbezirken 27 Wochenmärkte mit 450 Händlern, von denen rund 280 ihre Produkte selbst anbauen oder herstellen. In den Schreiben der Stadt hieß es nur, dass man sich „von Herrn . . . mit sofortiger Wirkung getrennt“ habe. Künftig könne man sich „vertrauensvoll“ an die neuen Kräfte wenden. „Ein Grund für die Trennung wurde nicht genannt“, erzählt ein Empfänger. Der sei den meisten aber bekannt gewesen. „Viele haben aufgeatmet, nachdem sich der Rauswurf herumgesprochen hatte.“