Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat der russischen Delegation wegen des Ukraine-Konflikts bis April die Stimmrechte entzogen. Moskau erwägt nun, sich aus der Organisation komplett zurückzuziehen.

Straßburg - Im Europarat hat die Parlamentarische Versammlung die vor zehn Monaten gegen die russischen Abgeordneten verhängten Sanktionen vorerst bestätigt. Die Strafen - unter anderem der Entzug des Stimmrechts - wurden am Mittwochabend nach langen und kontroversen Debatten zunächst bis zur nächsten Plenartagung am 20. April verlängert. Die russische Delegation kündigte an, sie werde sich aus Protest bis Ende des Jahres aus den Gremien zurückziehen. Nun rücke gar die Möglichkeit auf die Tagesordnung, dass sich Russland nach 19 Jahren Mitgliedschaft komplett aus der Organisation zurückziehe.

 

Der Versammlung gehören derzeit 318 nationale Abgeordnete aus den 47 Mitgliedsländern des Europarats an, unter ihnen 18 Russen und zwölf Ukrainer. Sie treffen sich vier Mal jährlich zu Plenarsitzungen in Straßburg. Die Ukraine ist seit 1995 Mitglied im Europarat, Russland seit 1996. Die 1949 gegründete paneuropäische Länderorganisation setzt sich vor allem für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte ein.

Die Sanktionen gegen die russischen Parlamentarier waren im vergangenen April nach der Aufnahme der Krim in russisches Staatsgebiet zunächst für den Rest des Jahres beschlossen worden. Die russische Delegation boykottierte daraufhin die Sitzungen. Sie kam am Montag zu Beginn der Wintersitzung erstmals wieder nach Straßburg.

Abgeordnete werfen Moskau fehlendes Einlenken vor

Die Versammlung forderte Moskau am Mittwoch auf, seine Truppen aus dem Osten der Ukraine unverzüglich abzuziehen, die in Russland inhaftierte ukrainische Luftwaffenpilotin Nadija Sawtschenko innerhalb von 24 Stunden freizulassen und einem Monitoring-Ausschuss des Europarats Reisen auf die von Russland annektierte ukrainische Halbinsel Krim und in die Ostukraine zu ermöglichen.

Für diesen Kompromiss hatte der Berichterstatter, der österreichische Sozialdemokrat Stefan Schennach, geworben. Es gehe darum, den Dialog nicht abbrechen zu lassen. Andere Abgeordnete hatten gefordert, die Sanktionen bis Jahresende oder zumindest bis Juni beizubehalten. Russland habe seine Haltung in Sachen Ukraine in keiner Weise geändert, es zeige keinerlei Einlenken, betonte der britische Konservative Robert Walter. „Wenn Sie einen Bären füttern, frisst er Ihre Hand.“

Eine Reihe von Parlamentariern – vor allem die Russen – verlangten eine sofortige Aufhebung aller Sanktionen. Zu diesen gehört auch ein Ausschluss der russischen Abgeordneten aus Führungsgremien der Versammlung.

Freilassung Sawtschenkos abgelehnt

Eine Freilassung der Pilotin Sawtschenko hatte Moskau schon am Dienstag ausgeschlossen, da sie wegen eines „schweren Verbrechens“ angeklagt sei. Die 33-Jährige war Anfang Juli auf russischem Territorium festgenommen worden. Nach Darstellung der Ukraine wurde sie von prorussischen Rebellen entführt und an Russland ausgeliefert. Moskau wirft ihr vor, der ukrainischen Armee die Position zweier russischer Journalisten übermittelt zu haben, die im Juni durch einen Mörsereinschlag getötet wurden. Sawtschenko wurde im Oktober ins Parlament in Kiew gewählt und ist Mitglied der ukrainischen Delegation in der Versammlung.