Alle Jahre wieder hoffen die Menschen auf weiße Weihnachten. Viel Hoffnung auf Schnee an Heiligabend kann der Meteorologe Sven Plöger allerdings nicht machen.

Herr Plöger, gibt es in diesem Jahr endlich mal wieder Schnee an Heiligabend?
Vor ein paar Tagen sah es noch so aus, als würde das Hoch bei uns bleiben und an Weihnachten einfach gar nichts passieren. Doch inzwischen hat sich die Situation verändert. Die Tiefdruckgebiete über dem Atlantik kommen mit ihren Frontensystemen wohl doch weiter zu uns rein. Das heißt, der letzte Tag mit dem Hochdruckgebiet ist der 23. Dezember. Da wird es sein wie in den vergangenen Tagen: Nebel, Hochnebel, Sonnenschein und ziemlich ruhiges Wetter. Doch dann kommt über den britischen Inseln ein Tief herangesaust, dessen Frontensystem uns an Heiligabend überquert. Das wird also ein nasser Tag, wobei ab 1000 Meter Höhe wie im Schwarzwald auch ein paar Schneeflocken dabei sein können.
Das bedeutet konkret?
In der Nacht zu Heiligabend vom Westen aufkommender Regen, der uns an Heiligabend überquert. Temperaturen fünf bis zehn Grad und einigermaßen windig. Zum Abend von Westen deutliche Abkühlung und in den Mittelgebirgen eine sinkende Schneefallgrenze bei etwa 300 Metern. Das gilt später in der Nacht zum ersten Weihnachtsfeiertag dann auch für viele Lagen Bayerns, Baden-Württembergs und für den Alpenrand. Mehr als fünf Zentimeter Neuschnee werden es in den Bergen und den Mittelgebirgen aber auch nicht werden. Am ersten Feiertag kommt dann wieder milde Luft, sprich, alles, was in der Nacht gefallen ist, taut sofort wieder weg.
Und in Stuttgart?
An Heiligabend Regen und Temperaturen von bis zu 10 Grad, was die Frage nach dem Schnee ja schon beantwortet. Morgens am ersten Weihnachtsfeiertag dann Temperaturen von ein bis zwei Grad, das heißt, da könnte sogar ein bisschen Schneeregen fallen – aber nichts, was irgendwie weihnachtlich ist. Dann kommt im Laufe des Tages mildere Luft mit Temperaturen von fünf bis acht Grad, und am zweiten Feiertag sieben bis elf Grad. In Sachen Schnee tut sich da also nichts. Alles in allem also kein schönes Weihnachtswetter. Der erste Weihnachtsfeiertag ist mit zwei bis vier Sonnenstunden noch am besten. Am zweiten Weihnachtsfeiertag sind es zwei bis drei Sonnenstunden – und an Heiligabend eben leider nur Regen.
Man spricht ja immer vom „Weihnachtstauwetter“. Gibt es das tatsächlich?
Ja, es gibt Singularitäten wie die Eisheiligen, die Schafskälte, den Altweibersommer oder auch die Hundstage Anfang August, die immer wiederkehren. Und dann gibt es eben so etwas wie das Weihnachtstauwetter. Und das ist wirklich verblüffend: Wenn man sich die langjährige Statistik anschaut, bemerkt man, dass genau dann, wenn wir es am wenigsten wollen, also am 24. Dezember, wenn wir uns alle Schnee wünschen, die Temperaturen deutlich ansteigen und nach Weihnachten wieder zurückgehen. Das hängt mit starker Tiefdrucktätigkeit über dem Atlantik zusammen. Da donnern dann die Sturmtiefs zu uns rein, bringen milde Luft in unsere Richtung – und die Temperaturen machen einen Sprung nach oben. Dieses Phänomen ist statistisch über viele Jahre belegbar. Wenn man sich nun Stuttgart anschaut, das in etwa dem Mittel entspricht, liegt die Wahrscheinlichkeit für weiße Weihnachten gerade mal bei 10 bis 15 Prozent. Die Erwartung auf weiße Weihnachten ist also die unwahrscheinlichste. Es ist viel wahrscheinlicher, dass es grüne oder braune Weihnachten gibt.
Dann trügt also auch der Eindruck, dass es früher mehr Schnee gab?
Nein, der trügt nicht. In den letzten 100 Jahren ist es in Deutschland um 1,1 Grad wärmer geworden, da ist es nur logisch, dass im Durchschnitt weniger Schnee fällt. Trotzdem hatten wir in den letzten Jahren immer wieder sehr kalte Winter. Da spielt dann die Erinnerung der Menschen mit rein. Man erinnert sich eher an weiße Weihnachten, an denen man im Schnee spielen konnte, als an einen langweiligen Sprühregentag bei fünf Grad plus. Dennoch, über lange Zeit betrachtet, gab es früher mehr Schnee.