Vanessa Müller ist kürzlich mit ihrer Falknerei nach Weil gezogen. Ihre Idee eines Greifvogel-Erlebnispfades ist im Gemeinderat auf große Zustimmung gestoßen.

Weil im Schönbuch - Bürgermeister Wolfgang Lahl ist geradezu begeistert: Seit langem arbeitet er daran, das Profil seiner Gemeinde als Ausgangspunkt für die Erkundung des Naturparks Schönbuch zu schärfen. Das künftige Baumhaushotel des Unternehmers Hans-Martin Schempp auf dem Gelände der früheren Deyhle-Villa passt gut dazu, nun kommt ein weiteres Mosaiksteinchen hinzu: Vanessa Müllers Falknerei Garuda, die seit kurzem in Weil ansässig ist, möchte einen Greifvogelerlebnispfad einrichten. „Die attraktive Vorstellung heimischer Greifvögel in der Natur passt perfekt in unsere Gemeinde“, sagte Lahl in der jüngsten Gemeinderatssitzung.

 

Auch von den Fraktionen hat das Projekt Zuspruch bekommen. Nicht zuletzt deshalb, weil es weitere Tagestouristen aus der Region Stuttgart anzuziehen verspricht, ohne dass Kosten auf die Gemeinde zukommen. In der jüngsten Sitzung hat der Gemeinderat deshalb dem Projekt einstimmig seinen Segen gegeben.

Live-Schaltung in den Nistkasten der Turmfalken im Rathaus

Bisher sieht das Konzept vor, drei verschieden lange Rundwege im Naherholungsgebiet auszuschildern. Denkbar ist, dass der Hauptweg auch das Baumhaushotel miteinbezieht, zumal auf dem Gelände auch ein Café entstehen soll. Mit Hilfe sogenannter QR-Codes können Wanderer, die ein Smartphone dabei haben, aktuelle Informationen und kurze Filme abrufen oder an einem Gewinnspiel teilnehmen.

Bürgermeister Wolfgang Lahl schwebt außerdem vor, noch eine andere Weiler Attraktivität mit dem Greifvogelerlebnispfad zu verbinden – den Turmfalkennistplatz unter dem Rathausdach, der sich seit Jahren sowohl bei den Vögeln als auch bei menschlichen Beobachtern großer Beliebtheit erfreut. Nun wird Vanessa Müller das Konzept im Detail ausarbeiten. Sobald es auf dem Tisch liegt, will der Weiler Bürgermeister Türöffner bei anderen Behörden spielen – nicht zuletzt auch beim Land. Die Reaktionen auf die Entscheidung des Gemeinderates haben den Schultes in seiner Begeisterung zusätzlich bestärkt.

Stützpunkt für eine mobile Falknerei

Zwölf Greifvögel trainiert die 29-Jährige Vanessa Müller – sechs Falken, drei Habichte, einen Adler und zwei Eulen. Mit ihnen tritt sie bei Großveranstaltungen zwischen Ulm, Heilbronn und dem Schwarzwald auf. Auf der Burg Hohenneuffen (Kreis Esslingen) arbeitet Müller mit ihrem Mentor Wolfgang Weller zusammen. Weil die Zahl der Volieren schließlich die Größe ihres Gartens in Pliezhausen sprengte, stand sie vor der Frage, wie es mit ihrer Leidenschaft weiter gehen sollte. „Irgendwann will jeder Falkner sein eigenes Ding machen“, sagt sie. Sie entschied sich dafür, den Betrieb zu vergrößern, fand das 12 000 Quadratmeter große Grundstück am Rande von Weil und kaufte es. Im vergangenen Jahr hat sie dort die ersten Volieren aufgebaut. Die ersten Vögel sind kürzlich umgezogen. Später soll die kleine Hütte, in der sie ihr Büro untergebracht hat, um einen Wirtschaftsraum ergänzt werden. Von hier aus will sie künftig zwischen ihren Auftritten Kurse für Kinder und interessierte Laien anbieten. Langfristig plant sie, auch den Falkner-Jagdschein anzubieten. Über das Angebot wird aber auch die Kooperationsbereitschaft des fliegenden Personals entscheiden: „Eigentlich sind alle meine Vögel nett“, sagt Müller. „Aber nett heißt nicht viel bei einem Greifvogel.“

Erfunden haben die Falknerei die Vögel

Die zierliche Frau mit den langen schwarzen Haaren hat ihren Falknerschein in einem Alter abgelegt, in dem andere Mädchen nur Augen für Pferde haben. Seit sie das erste Mal einen Greifvogel freiwillig auf die Hand eines Menschen zurückkehren sah, ist es um sie geschehen – das liegt mittlerweile zehn Jahre zurück. „Die Falknerei ist keine Erfindung des Menschen“, betont die 29-Jährige. „Die Vögel kennen die Arbeitsteilung bei der Jagd schon viel länger.“ Von Seeadlern beispielsweise sei bekannt, dass sie mit Füchsen zusammenarbeiteten. Weil ein Greifvogel wenig braucht, um satt zu werden, lohnt sich das Teamwork für beide Seiten.

Auch die Zusammenarbeit mit dem Menschen muss sich aus Sicht des Greifvogels auszahlen, sonst beendet er sie sofort. Gerade das gefällt Vanessa Müller gut. „Anders als einen Hund kann man einen Greifvogel nicht bestrafen“, sagt sie.

Für den Zuspruch, den ihr Projekt in Weil und bei den zuständigen Behörden erhält, ist die junge Falknerin dankbar. Das sei keine Selbstverständlichkeit, sagt sie. Ende April plant sie einen Tag der offenen Tür. Regelmäßige Vorstellungen wird es nicht geben. Auftritte in Kindergärten dagegen schon, auch wenn sie nicht viel dabei verdient. Sich für den Artenschutz einzusetzen, betrachtet sie als persönliche Verpflichtung ihren Schützlingen gegenüber. „Nur, wer die Tiere aus der Nähe kennt, kann sie lieben lernen“, sagt sie.

Greifvögeln zum Greifen nahe

Garuda

Das Fabelwesen Garuda kennt man in ganz Asien. In der indischen Mythologie ist Garuda – halb Mensch, halb Adler – ein Reittier des Gottes Vishnu. Andernorts gilt Garuda als Götterbote. Vanessa Müller gefiel das Wesen so gut, dass sie ihre Falknerei danach benannte.

Aufführungen

Die gemeinsamen Vorführungen von Wolfgang Weller und Vanessa Müller auf der Burg Hohenneuffen (Kreis Esslingen) sind auch im Winter sonntags und feiertags um 14 Uhr zu sehen – allerdings nur bei gutem Wetter. Die Burg, sagt Müller, eigne sich hervorragend für die Aufführungen. Auch ihre Vögel mögen sie offenbar. Manche würden es geradezu genießen, dicht über die Köpfe der Zuschauer hinweg zu jagen, sagt sie. Ducke sich ein Zuschauer, würden sie beim nächsten Sturzflug noch tiefer gehen. Daneben tritt Müller auch auf Schloss Stauffenberg bei Durbach auf. Die Termine für die kommende Saison stehen allerdings noch nicht fest.

Kennenlernen

Wer Greifvögel einmal auf der eigenen Faust erleben will, kann bei Vanessa Müller sowohl Schnupperstunden als auch ganze Tage buchen. Eine Stunde kostet für eine einzelne Person 79 Euro, für zwei Personen 115 Euro. Ein ganzer Tag kostet 179 Euro für eine Person, und 285 Euro für zwei Personen. Diese Angebote sind auch mit Kindern buchbar.