In Parship hat er offensichtlich niemanden gefunden. Luchs Friedl, ledig, zwei Jahre alt, streift durch den Kreis Esslingen auf der Suche nach einem Weibchen.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Weilheim - Ein Peilsignal hat dem Ministerium für Ländlichen Raum seinen Aufenthaltsort verraten. Der aus der Schweiz eingewanderte Luchs Friedl ist mittlerweile im Landkreis Esslingen angekommen. Das Signal wurde am Mittwoch aus Weilheim unter Teck aufgefangen.

 

Klaus Lachenmaier, der Pressereferent des Landesjagdverbandes in Stuttgart, ist sicher, dass es die Liebe war, die den knapp zwei Jahre alten Luchs in den Landstrich zwischen der Alb und der Autobahn getrieben hat. „Ganz klar, der Luchs sucht Anschluss. Denn ein Revier hätte er gehabt, sogar ein ziemlich großes: den ganzen Hochschwarzwald.“

Der liebeskranke Luchs stammt aus dem Schweizer Jura. Dort wurden die in Mitteleuropa seit dem 19. Jahrhundert ausgestorbenen Luchse in den 70er Jahren wieder angesiedelt. Der Populationsdruck dort ist mittlerweile so hoch, dass immer wieder Tiere in den Schwarzwald auswandern. Ein Schäfer, der gleichzeitig Jäger ist, fand im Frühjahr im Hochschwarzwald ein totes Schaf und vermutete, dass es das Opfer eines Luchses geworden sei. „Er tat das einzig Richtige“, erzählt Klaus Lachenmaier, „er zog die Experten zurate.“ Diese rückten mit einer Fotofalle an, und tatsächlich – es war ein Luchs. Er wurde gefangen, bekam einen Peilsender, wurde auf den Namen Friedl getauft und schließlich wieder freigelassen. Diese neue Freiheit nutzt der Luchs inzwischen, um sich ein Weibchen zu suchen.

Immer mal wieder peilten die Experten den Luchs an. Seine Suche nach einer Gefährtin führte ihn vom Schwarzwald zur Schwäbischen Alb, von Ulm über Reutlingen nach Münsingen, in den Kreis Esslingen nach Weilheim. „Er versucht, die Autobahn zu queren“, vermutet Klaus Lachenmaier. Dabei hat er offensichtlich die Grünbrücke am Aichelberg übersehen und wohl auch die Viadukte in der Gegend verschmäht. Wenn er sich nach Westen wendet, dann wäre spätestens im Schönbuch für Friedl Schluss mit der Wanderschaft.

Sollte er es jedoch schaffen, die A 8 zu queren, ohne überfahren zu werden, könnte er weiter über die nördliche Alb in Richtung Fichtelgebirge wandern und vielleicht Glück haben. Denn Weibchen aus der bayrischen Luchspopulation halten sich manchmal im Fichtelgebirge auf. Diese lange Strecke schafft ein Luchs problemlos.

Klaus Lachenmaier freut sich über das Wildtier im Ländle. Allerdings ist er dagegen, die Luchse in Baden-Württemberg anzusiedeln, weil er nicht glaubt, dass dafür bei Schäfern und Bauern eine Akzeptanz vorhanden sei.

Michael Zimmermann, der Chef des Esslinger Kreisbauernverbandes, hat Vorbehalte: Der Luchs könne Ziegen oder Schafe in Panik versetzen, so dass die Tiere aus den Pferchen ausbrächen. „Wenn das neben einer viel befahrenen Straße geschähe, dann hätte das schlimme Folgen.“

Wenn Friedl schon keine weibliche Begleitung hat, so begleitet ihn wenigstens die Wissenschaft. Felix Boecker ist Biologe an der Freiburger Universität und überwacht die Luchse. Nach seinen Erkenntnissen halten sich zurzeit mindestens zwei Luchse in Baden-Württemberg auf. Wer einen Luchs gesehen hat oder Rat von Experten braucht, der kann die Nummer 07 61/ 40 18 24 anrufen.