Marc Helmle nennt sich Mister Moped und verarztet in seiner Minigaragenwerkstatt betagte Zweiräder. Sein Problem, sagt er: Er selbst hat acht alte Mopeds, kann aber immer nur auf einem fahren.

Weinstadt - Die flotte Biene, auf italienisch „Ape“, ein dreiräderiger Kleintransporter aus Bella Italia, ist vor zwei Jahren in einem Lastwagen aus Freiburg zu Marc Helmle nach Weinstadt gereist. Das im Internet ersteigerte Rollermobil wurde zerlegt in seine sämtlichen Einzelteile angeliefert. „Der Lkw war voll bis unters Dach“, sagt Marc Helmle. „Die Ape kriegst du nie wieder zusammen“, hat seine Lebensgefährtin ihm angesichts des Durcheinanders prophezeit. Und dann folgendes Versprechen abgegeben: „Wenn doch, dann heirate ich dich.“

 

Bislang sind die zwei noch nicht auf dem Standesamt gewesen. Denn bei Marc Helmle, der hauptberuflich im Vertrieb arbeitet und hobbymäßig als Zweiraddoktor werkelt, stehen ständig neue Patienten vor der Garagentür, die verarztet werden müssen. „Die laufen mir zu“, sagt Helmle über die Mopeds von Zündapp, Vespa, Rex oder Honda, die seine Kunden aus ganz Deutschland in die zur Miniwerkstatt umfunktionierte Garage nach Großheppach bringen – in der Hoffnung, dass der Mann, der sich auf seiner Internetseite „Mister Moped“ nennt, helfen kann.

Und er kann eigentlich immer, denn der 40-Jährige ist mit so viel Ausdauer und Erfindergeist ausgestattet, dass er selbst vermeintlich hoffnungslose Fälle aufnimmt. An ihnen doktert er oft mehrere hundert Stunden herum, wartet ein halbes Jahr auf ein Ersatzteil oder fährt einige hundert Killometer weit, wenn zum Beispiel die gesuchte Lenksäule irgendwo im Angebot ist. Die Geduld zahlt sich aus: Die rare Zündapp KS 100 aus Regensburg etwa, deren Motor „zerlegt bis zur letzten Schraube“ mitgeliefert wurde, steht nun wieder vollständig und in aller Pracht parat und wartet auf ihren Besitzer. Der hatte das gute Stück zerlegt und festgestellt, dass ihm die Zeit fehlt, um es zusammenzubauen.

Mister Moped hat das für ihn erledigt und versucht, möglichst viele Originalteile zu erhalten. „Ich will die Mopeds nicht zu Tode restaurieren, die Patina muss erhalten bleiben“, findet Helmle, dessen restaurierte Fahrzeuge bereits diverse Preise des Veteranen-Fahrzeug-Verbands eingeheimst haben. Alle Arbeiten erledigt er selbst – „Nur das Lackieren vergebe ich.“

Hilfreich für das Restaurieren ist, dass Marc Helmle eine Ausbildung als Karosseriebauer gemacht, später als Elektriker gearbeitet und viele Jahre lang Erfahrungen gesammelt hat: „Ich habe schon als Kind Fahrräder vom Sperrmüll geholt und gerichtet.“ Eine Rex Como war das prägende Moped seiner Jugend. „Mit 17 hatte ich sie runtergeritten.“ Beim Yamaha-Händler, wo er Hilfe suchte, sei er damals böse aufgelaufen, erinnert sich Helmle. In seiner Not machte er sich selbst ans Werk. „So bin ich auch zur Tanksanierung gekommen: Ich habe rumprobiert und eine gute Lösung gefunden.“ Letztere beschert ihm nun viel Kundschaft, denn sie kostet deutlich weniger als ein neuer Tank. Für die Tankrevision hat Helmle eigens eine Maschine gebaut, in welcher das Gehäuse ähnlich einem Grillhendl auf eine Vorrichtung gesteckt und, von einem Rechner gesteuert, automatisch alle 30 Sekunden in eine andere Position gedreht und gewendet wird.

Im Behälter schwappt dabei eine spezielle Flüssigkeit, die Marc Helmle zuvor in einem Topf auf 80 Grad Celsius erhitzt hat. Sie wandelt den Rost um und sobald das blanke Blech wieder zutage kommt, wird es ebenfalls im Schüttelverfahren mit Harz versiegelt. Danach schnappt sich Helmle den Haarfön, der zwischen ordentlich beschrifteten Seitenschneidern, Hammer, Schraubenschlüsseln und Rohrzange an der Wand hängt, und verpasst dem Tank eine Luftdusche, bis das Harz trocken ist. Anschließend sei der alte Tank so gut wie neu, versichert Marc Helmle. Und zählt dann die Besonderheiten seiner Patienten auf. Die Ducati „rostet gerne“, bei der Vespa – einer seiner Lieblingsmarken – „ist alles ein bisschen anders als bei den anderen“.

Er hat eigentlich alle Mopeds mit ihren Macken gern, nur „diese Plastikroller“, die sind nicht sein Ding. Entsprechend voll gestopft ist sein 40-Quadratmeter großes Lager, in dem gleich mehrere eigene Zweiräder stehen. Sein Dilemma: „Ich habe zwölf Mopeds, aber nur einen Hintern, um drauf zu fahren.“ Und so sagt er selbstkritisch: „Ich bin ein schlechter Mopedhändler, ich behalte jedes zweite selbst.“ Oder gibt sie allenfalls an Familienmitglieder weiter – an den Schwager in spe zum Beispiel, oder die Partnerin, die inzwischen drei Mopeds hat.

Was Helmle zurück zum eingangs erwähnten Kleintransporter bringt. „Die Ape muss jetzt endlich fertig werden“, sagt er. Doch in Deutschland seien Ersatzteile schwer zu bekommen. „Ich muss wohl mal einen Ausflug nach Südtirol machen“, sagt Mister Moped. Vielleicht klappt’s dann endlich mit der Ape und dem Standesamt.